Hallo ihr Lieben,
ich trau mich jetzt einfach und stelle meinen ersten Versuch einer Kurzgeschichte rein.
Über konstruktive Kritik würde ich mich sehr freuen, da ich noch ganz am Anfang meines Autorendaseins bin und dementsprechend noch eine Menge lernen muss.
Ich bin sehr gespannt auf eure Reaktionen.
Liebe Grüße
pikay
Der Todessprung
Katja sitzt im Schatten eines Baumes und fragt sich wie so oft, warum sie sich für diesen Job entschieden hat. Wieso ist sie nicht bei der Polizei geblieben? Doch sie wollte ja endlich mal auf ihre Art den bösen Buben zeigen, dass sie so nicht mehr weiter machen können.
Wie sie das hasst, wenn Kunden ihr keine freie Hand lassen. Als ob sie keine Ahnung hätte, wie man sich rächt. Wenn man sie einfach machen lässt und sie Zeit zum Planen hat, fühlt sie sich sicher.
Doch wenn ihr Kunden, wie in diesem Fall, Utensilien in die Hand drücken, mit denen sie deren Plan in die Tat umsetzen soll, ist ihr das nicht geheuer. Sie weiß dann nicht, was passieren wird. Und sich strafbar machen, ist das Letzte, was Katja bei ihren Aktionen im Sinn hat.
Schon als die Kundin gestern anrief, hatte Katja ein komisches Gefühl.
„Sind Sie der Racheengel?“, fragte eine gedämpfte Stimme.
„Ja, das bin ich. Was kann ich für Sie tun?“
„Wir treffen uns morgen um zwölf Uhr am Rheinfall am Toilettenhäuschen. Dann erfahren Sie alles.“ Damit war die Leitung tot.
Das Treffen kann man fast gar nicht als solches bezeichnen, denn als Katja zum Toilettenhäuschen kam, wartete schon eine nervöse junge Frau. Diese hat ihr eine Tüte in die Hand gedrückt und gesagt, auf dem Brief stünde alles.
Verwirrt hat sich Katja unter den Baum gesetzt, den Zettel entnommen und gelesen. So sollte sie die in der Tüte befindliche Zigarettenschachtel gegen die vom Betreiber der Bootsführungen austauschen. Dieser sei der ehemalige Chef der Frau. Letzte Woche sei sie ohne Grund gefeuert worden.
Schon wieder so ein unsinniger Grund, wofür sich die Leute rächen wollen. Soll die Frau doch akzeptieren, dass sie nicht die Richtige für diesen Job ist und sich was Neues suchen.
Andererseits, denkt sich Katja, kann es ihr egal sein. Immerhin bekommt sie pro Auftrag ein ordentliches Honorar, welches sich ebenfalls in der Tüte befunden hat. Damit hat sie alle Möglichkeiten, ihren Bedenken nachzugehen und den Auftrag abzulehnen, aufgegeben.
Seufzend macht sich Katja auf den Weg zum Ticketschalter.
„Guten Tag, wollen Sie mit fahren?“
„Ja, gerne. Könnten sie mir auch bitte ein Regencape mitgeben?“
„Aber natürlich.“ Dafür muss der Chef nach hinten ins Häuschen gehen. In der Zwischenzeit tauscht Katja die Zigaretten aus.
„Vielen Dank.“ Katja nimmt ihr Cape, bezahlt und geht zum nächsten Boot.
Als ihr Boot ablegt beobachtet sie den Betreiber und sieht, wie er sich genüsslich eine Zigarette anmacht.
Kurze Zeit drauf dreht er komplett durch. Fängt an zu singen, zu tanzen und reißt sich die Klamotten vom Leib.
Oh Gott, was ist in den Zigaretten drin?, fragt sich Katja panisch.
Der Betreiber läuft los, die Treppen zur Aussichtsplattform hoch und stellt sich an die Brüstung.
„Achtung, ich zeige euch jetzt einen formvollendeten Köpper.“, brüllt er runter, steigt auf das Geländer und für einen Moment scheint die Zeit still stehen zu bleiben.
Geschockte Touristen versuchen, ihn aufzuhalten. Doch vergeblich.
Der Bootsführerbetreiber springt und versinkt im Wasser.
Beim Anblick des stürzenden Mannes wird es Katja ganz schlecht. Was hat sie nur getan? Moment, was hat ihre Kundin getan? Katja muss versuchen, diese Frau ausfindig zu machen. Aber halt, erst muss sie zum Kassenhäuschen gelangen, ohne gesehen zu werden. Denn auf der Zigarettenschachtel befinden sich ihre Fingerabdrücke.
Panisch lässt Katja ihren Blick am Ufer entlang wandern. Ein Gefühl sagt ihr, dass sich die junge Frau noch irgendwo aufhält. Sie hat nicht irgendwelche Drogen in die Zigaretten gemischt, um dann deren Wirkung zu verpassen.
Da! Katja sieht sie inmitten einer geschockten Menschenmasse stehen. Warum beeilt sich der Bootsführer denn nicht, an Ufer anlegen zu können. Er muss doch wissen, dass seine Gäste vom Boot runter wollen.
Boote des DLRG fordern die Touristenboote auf, anzulegen und Platz für die Rettungsschwimmer zu machen.
Gott sei dank, denkt sich Katja. Die junge Frau immer im Blick, läuft Katja sofort los, als sie endlich wieder an Land anlegen.
Die junge Frau entdeckt Katja auf sich zu rennen und läuft weg.
„Halt, warten Sie gefälligst!“, ruft ihr Katja hinterher. Wie gut, dass Katja regelmäßig joggen geht. So hat sie die Frau schnell eingeholt. Katja packt sie am Arm, dreht sie zu sich um und blickt in eine regelrechte Fratze. Tränenüberströmt und doch grinsend.
„Sie sind ihr Geld wirklich wert“, lacht sie hysterisch auf.
„Was zum Henker war in den Zigaretten? Wo haben Sie mich da mit hinein gezogen?“
„Glauben Sie mir, er hat es nicht anders verdient. Gut, dass er direkt in den Tod springt, hätte ich jetzt so nicht gedacht. Aber es ist auch nicht tragisch.“
„Sie sind doch vollkommen verrückt geworden.“
Geschockt schaut Katja diese unscheinbare Frau an.
„Vielleicht. Aber was wollen Sie jetzt machen? Sie haben mich zwar, aber zur Polizei können Sie mit mir nicht gehen. Denn ich habe nichts gemacht. Sie haben das alles getan. Auf der Zigarettenschachtel sind ihre Fingerabdrücke, Sie haben Geld bekommen und keine Beweise, dass ich etwas damit zu tun habe.“
Sie hat recht, wird es Katja bewusst.
Lässt sie die Frau jetzt laufen, wird sie sie nie wiederfinden. Aber festhalten kann sie sie auch nicht, denn das Wichtigste ist, dass sie erstmal die Zigarettenschachtel verschwinden lässt. In Sekundenschnelle muss sich Katja entscheiden.
Da kommen ein paar rangelnde Jugendliche auf die zwei zu, die nicht auf ihre Umgebung achten. Das spielt Katja in die Karten, da sie so tun kann, als wäre sie von einem der Kids gestoßen worden. Sie stolpert gegen die junge Frau und lässt blitzschnell ihre Hände in die Tasche ihres Gegenübers gleiten und hat deren Portemonnaie gegriffen.
„Das haben sie gut durchdacht. Wie lange hatten Sie diesen Plan schon?“, fragt Katja und lässt die Frau los.
„Grundsätzlich überlege ich schon seit Monaten, wie ich ihm eine auswischen kann. Dann habe ich durch eine Freundin von Ihnen erfahren und damit waren alle meine Probleme gelöst. Ich danke Ihnen.“
Grinsend dreht sich die junge Frau um und lässt Katja stehen.
Katja macht sich so schnell wie geht, ohne dass es auffällig wirkt, auf den Weg zum Kassenhäuschen und schaut sich durch das Fenster um. Doch die Packung mit den Zigaretten sieht sie nicht. Da fällt ihr ein, dass sich der Tote hinter dem Häuschen seiner Kleider entledigt hat und die Zigaretten wahrscheinlich dort sind.
Als sie um die Ecke biegt, sieht sie zwar den Kleiderhaufen, doch auch, dass sich bereits zwei Polizisten darauf zu bewegen. Zum Glück kennt Katja die zwei. Also geht sie schnurstracks auf sie zu.
„Hey ihr, was ist denn hier passiert?“
„Katja, hi. Das müssen wir noch rausfinden. Hast du irgendwas auffälliges gesehen?“, fragt der Ältere von beiden namens Christian.
„Nein, leider nicht.“ Katjas Blick wandert so unauffällig wie möglich über die Sachen. Tatsächlich liegt hier die Packung mit den Zigaretten. Wie soll sie jetzt nur daran kommen? Und wie soll sie die Aufmerksamkeit der Polizisten auf ihre Kundin lenken?
Da kommt ihr eine Idee. Sie lässt wie aus Versehen ihre Tüte fallen, genau auf die Zigarettenpackung.
„Oh, tut mir leid. Das hätte nicht passieren dürfen.“ Beim Aufheben tauscht sie blitzschnell die Zigaretten mit dem Portemonnaie aus.
„Tja Jungs, ich habe hier nichts zu suchen. Ich wünsche euch viel Glück, dass ihr die Ursache schnell rausfindet, was plötzlich mit dem Kerl passiert ist.“
Winkend dreht Katja sich um und geht. Sie hält an der Toilette und vergewissert sich, dass sie alleine ist. Dort entfährt sie gewissenhaft alle Fingerabdrücke von der Packung, lässt sie in ein Taschentuch eingewickelt in ihrer Tüte verschwinden und entfernt sich vom Rheinfall.
Auf halber Strecke zwischen Rheinfall und ihrem Zuhause wirft sie die Packung in einen öffentlichen Mülleimer.
Eine Woche später erfährt Katja durch die Nachrichten, dass eine junge Frau namens Adelina Fischer festgenommen wurde. Durch ihr Portemonnaie und das aufgelöste Arbeitsverhältnis wurde sie in ein Kreuzverhör genommen, in dem sie gestanden hat, am Tod von dem Klippenspringer schuld zu sein. Als Grund gibt sie neben der grundlosen Kündigung mehrfache Vergewaltigung an. Auf dem Foto, welches Adelina kurz vor ihrer Einlieferung ins Gefängnis zeigt, sieht man sie mit einer psychopathischen Fratze grinsen.