Der neue "Alte" oder alte "Neue"

Ich lebe in NRW im Oberbergischen Kreis. Der Rentenbezug schreit schon so langsam nach mir.
Ich schreibe seit meiner Kindheit. Bisher sind es nur Kurz- und Ultrakurzgeschichten. :scroll:

Das Forum habe ich infolge eines „Seitenwind Schreibwettbewerbes“ kennengelernt. War danach aus Zeitmangel „Forums abstinent“.

An einen Roman hatte ich mich in all den Jahren nicht herangetraut. :thinking:

In diesem Jahr wurde mein Urlaub vom Sommer aus betrieblichen Gründen in die letzte Oktoberwoche verschoben.
Das Wetter regnerisch, raus im Garten arbeiten? Bei dem Sturm und Regen? Nein! Wohnung aufräumen? Ist schon – also schreiben. :feather:

Habe dann gegen alle Grundsätze „verstoßen“ und geradewegs losgeschrieben, ohne Plan, ohne Plot.

Ein Startpunkt wurde gesetzt und eine Zielszene definiert, diese auf einem „Post it“ und geschrieben an die Wand vor dem Schreibtisch gepappt.

Ab etwa dem dritten Kapitel verselbstständigten sich meine Figuren und der rote Faden driftete ab, um im Bogen wieder in Richtung Zielszene zu gehen. Das ging einige Male so.

Außerdem wußte ich nach einigen Kapiteln nicht mehr, was schon geschrieben wurde, aber egal. „Das Ganze ist ja eh nur eine Beschäftigungstherapie“, so mein Gedanke.

Fast am Ziel angekommen ging der Urlaub dem Ende entgegen, habe dann abgebrochen und den Schluss erst mal offengelassen. Es kamen so 759 Seiten (Papyrus Normseiten) zusammen. :ledger:

Am folgenden Wochenende habe ich mir das Ganze durchgelesen, denn ich wollte ja wissen, was ich geschrieben hatte, und habe darin einen durchgehenden roten Faden erkannt. Auch war die Story nicht gänzlich uninteressant. Da läßt sich was draus machen.
„Also mach mal“, war der nächste Gedanke.

Das Ganze hat jetzt nur einen Hauptstrang, aber man kann Personen auskoppeln und in einem Nebenstrang weiterverfolgen.

Jetzt musste das Geschriebene erst einmal zerlegt werden. In Papyrus muß ich mich noch einarbeiten, daher nutze ich die Karteikasten-Software CueCards. Die alte Version ist Freeware (CUEcards 2000 - mhst.net). Sie läuft bei mir unter Windows 11.

Der Vorteil dieser Freeware ist die integrierte Volltextsuche.
So ist jedes Kapitel zu identifizieren, das einen gewissen Namen, Ort, Gegenstand oder Handlung beinhaltet beziehungsweise in welchem Karteikasten und welcher Karteikarte sich das gesuchte Wort/Satz befindet.

Ich habe meinen Text erst mal in folgender Baumstruktur eingeordnet:

cuecards

Zurzeit lese ich das ganze nochmals komplett durch und schreibe alles während des Durchlesens in den Karteikasten rein, der sich dadurch erweitert (Orte, Personen etc.).

Daraufhin muß ich sehen, wie weiter vorgegangen werden kann.

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Genau so habe ich es auch gemacht. Ich habe die Geschichte bestimmen lassen, welche Wege sie gehen möchte. Am Ende ist sie dann tatsächlich am vorgesehen Ziel angekommen.

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Willkommen zurück und viel Spaß beim Basteln an der Geschichte.

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Meine Güte, wie lange hast du Urlaub, um Himmelswillen? Wenn du vierzig Tage freihattest, dann sind das rund zwanzig Seiten. Jeden Tag. Ich weiß nicht, ob ich schon mal zwanzig Seiten am Tag geschafft habe, aber garantiert nicht hintereinander und schon gar nicht vierzig Tage hintereinander. Das sind rund siebentausend Wörter am Tag.

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Dann machst du es wie Stephen King. Es gibt viele Ansätze, wie man Geschichten schreibt, ich beginne auch jetzt noch und latsche meinen Figuren hinterher. Alles andere fände ich langweilig. Also, lass dir nichts einreden, Grundsätze gibt es viele, aber jeder sollte seinen eigenen Weg finden.
Aber die Seitenzahl ist sportlich für ein Debüt. Viel Erfolg weiterhin.

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Wenn ich erst plane - so habe ich festgestellt - komme ich übers Planen nicht hinaus → und das ist langweilig und frustrierend.

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Das klappt. Wie du siehst, habe ich etliche Leerzeilen dazwischen. Das Ganze ist - der besseren späteren Überarbeitung wegen - in vielen kurzen Kapiteln geschrieben. Da Papyrus jeden Kapitelanfang automatisch an einer neuen Seite setzt, gibt es dadurch Leerraum. Sind für die Seitenzahl nur knapp über 100.000 Wörter, also etwas mehr als ein Drittel der errechneten Wörter.

Bin aber, wie von der Arbeit gewohnt, sehr früh aufgestanden und habe den Tag durch bis in die Nacht hinein geschrieben, von großzügigen Pausen abgesehen. Die Zeit, um das Geschriebene zu lesen, habe ich mir nicht genommen.
Irgendwie hat mich das „Schreibfieber“ gepackt gehabt.

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Das geht mir auch so. Wenn die komplette Planung fertig ist, ist die Lust am Schreiben weg.
Ich lasse mich ungern von meiner eigenen Planung „gängeln“ und schreibe lieber frei.

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Jetzt muss ich erstmal das ganze Sortieren und sehen was daraus letztendlich wird. Das wird dann eine andere Art von Planung und die fängt auch an Spaß zu machen.

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You did it my way

Hallo,

Anfängerfrage:
kann man ein Buch statt mit dem Hauptstrang auch mit einem Nebenstrang „eröffnen“?

Ich beschreibe das mal mit beigefügter Grafik ohne erstmal auf den Text einzugehen.

Hauptstrang 1: Zwei Mäuse
Hauptstrang 2: Die Katze
Nebenstrang 1: Die Initialzündung zum Start des Buches (ein Rabe mit Käse).

Angedacht ist folgendes:

Kapitel 1: Nebenstrang 1 beginnt (Rabe mit Käse)
Kapitel 2: Hauptstrang 1 beginnt mit einer „Kopie“ des Gegenstandes (Käse) aus Kapitel 1 und den zwei Mäusen

Kapitel 1 und Kapitel 2 finden zeitgleich statt.

Kapitel 3: Nebenstrang 1 wird weitergeführt und endet in Hauptstrang 2. [Er führt die Handlung von Kapitel 1 (unterbrochen von Kapitel 2) weiter und erweckt zum Ende hin die Katze (Hauptstrang 2). Der Käse geht verloren.]

Kapitel 4: Hauptstrang 1: Beide Mäuse befassen sich mit dem Käse.(zwischen Kapitel 3 und 4 vergeht etwas Zeit, in der die Mäuse an den Käse kommen)

Kapitel 5 und 6 Hauptstrang 1 & 2 beschreibt ein Katz- und Mausspiel (der Dramaturgie wegen in sehr kurzen hin und her springenden Szenen.

Kapitel 7:Hauptstrang 1 & 2: Die Katze hat eine der Mäuse im Visier (die Szenensprünge werden länger und weniger)

Kapitel 8: Hauptstrang 2: Die Katze hat einen der Mäuse gefangen und spielt mit ihr.

… und nein, ich schreibe keine Fabel. :wink: Es dient als Beispiel für einen Handlungsablauf.

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Ganz kurze Antwort:
Du kannst machen, was immer du möchtest, solange es sich spannend und unterhaltsam liest. Wenn deine Idee so funktioniert, hau in die Tasten!

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Das du verschiedene Erzählstänge verwendest, wird dem Leser nicht angezeigt😉
Von daher ist das kein Problem.

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Erstmal: welcome back. Super Leistung über 700 Seiten in einem Urlaub zu schreiben. Hut ab.

Zur Frage: Es ist deine Geschichte. Du kannst das machen, wie du möchtest. Es gibt dabei ja noch mehr theoretische Möglichkeiten: Hauptperson(en) im Nebenstrang, Nebenperson(en) im Hauptstrang und natürlich Nebenperson(en) im Nebenstrang.

So, wie du es an deinem Beispiel erklärt hast, mündet ja dein Nebenstrang nach zwei Kapiteln in die Haupthandlung. Das wird, denke ich, keine Probleme verursachen.

Es sollte die Nebenhandlung aber insgesamt schon einen Bezug zur Haupthandlung haben, also später irgendwie aufgegriffen werden. In deinem Beispiel wäre das nur der Käse. Da könnte sich der Leser schon fragen, was der Rabe da am Anfang sollte, wenn der nicht mehr auftaucht.

Um ein Extrembeispiel zu nennen: Wenn du fünfzig, sechzig Seiten lang einen oder mehrere Charaktere spannende Action durchleben lässt und dann hat die Handlung nichts mit dem weiteren Verlauf der Geschichte zu tun hat und auch die Charaktere tauchen nicht mehr auf, dann wird sich der Leser schon wundern. :thinking: Ob er das Buch gleich in die Ecke pfeffert, sei dahingestellt.

Aber letztendlich: einfach ausprobieren, einige Zeit (Wochen) liegen lassen und dann lesen. Da merkst du schon, ob das geht.

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Um ein Beispiel zu nennen (enthält Spoiler): „Die Elenden“ von Viktor Hugo (der 1900 Seiten Klassiker) dort lernt man 100 Seiten am Anfang des Buches einen Priester kennen. Dann erst den Hauptcharakter, der als ehemaliger Straftäter keinen Job und Bleibe findet. Der Priester gewährt ihn Unterschlupf und der ehemalige Straftäter bestielt ihn.
Warum? In der folgenden Szene findet die Miliz das Diebesgut und schleppt den Kerl zum Priester. „Hat er euch bestohlen?!“, wollen sie wissen.
„Nein, ich habe es ihm geschenkt“
„Warum?“
„Weil niemand sonst ihm helfen wollte.“
Durch diese selbstlose Tat wird der Hauptcharakter in seiner Motivation verändert, die sich durch das ganze Buch zieht.

Der Priester? Kommt auf den anderen 1800 Seiten nicht mehr vor.

Was ich sagen will: du kennst ein bisschen machen was du willst, aber es sollte eine Rolle in der Geschichte spielen. Wenn ich zum Beispiel Tim und Tony mit all ihren Marotten vorstelle und sie bringen eine Pumpgun in die Bank. Aber dann übernimmt Willy die Pumpgun, wird sich der Leser eventuell fragen, wieso er die beiden Kennenlernen musste. Das ist weniger schlimm, wenn die Szene eher kurz ist und zeitnah die Hauptcharaktere auftauchen.

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Danke auch an all die Anderen. :slightly_smiling_face:

So ist der Ablauf angedacht:

Kapitel 1
Im Nebenstrang 1 entdeckt ein Verwalter einen merkwürdigen Gegenstand bei einer Routinekontrolle im Lager. Jetzt entsteht eine Wechselwirkung zwischen beiden.

Kapitel 2
Beschreibt eine Wissenschaftlerin (Start des ersten Hauptstranges). Kapitel 1 und Kapitel 2 spielen zeitgleich an verschiedenen Orten.

Kapitel 3
Wieder der Nebenstrang 1, der Verwalter übergibt den Gegenstand zur Überprüfung an einen befreundeten Wissenschaftler. Gleichzeitig bekommt der Gegner das mit (Start Hauptstrang 2). Die Handlung von Kapitel 3 schließt direkt an Kapitel 1 an.

Kapitel 4
Der Wissenschaftler übergibt ihn an seine Kollegin (aus Kapitel 2), die eine Spezialistin auf dem Gebiet ist und beide untersuchen ihn.

Der Verwalter (Nebenstrang 1) kommt über die ganze Handlung verteilt immer mal wieder in großen Abständen in ein/zwei Sätzen vor (gibt Infos und/oder leitet den nächsten Handlungsort ein).

Ich komme aus der Ecke der kurzen und ultrakurze Geschichten (z.B. als Zielvorgabe exakt 100 Worte zu benutzen). Beschreibungen von Charakteren fallen mir noch schwer. Die richtige Balance zwischen „zu wenig“ oder „zu viel“ zu finden ist nicht einfach. Ich tendiere immer wieder zu „zu wenig“.

Ich denke, zu viel würde die Handlung verlangsamen oder die Spannung raus nehmen. Ich versuche jetzt nur soviel preiszugeben, wie es die aktuelle Aktion erfordert und im Laufe der Handlung den Charakter immer deutlicher, bzw. vollständiger darzustellen. Ob das so funktioniert wird sich zeigen.

Ich schreibe auch sehr gern kurz. Es muss nicht immer alles in epischer Breite ausgelatscht werden. Das richtige Maß zu finden, ist allerdings immer sehr schwierig.

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