Ich kann dich spüren.
Immer wieder.
Ich weiß nicht wo ich bin. Aber Ich habe mich darauf eingelassen.
Zuerst war es mir fremd und dann ist es ein Zuhause geworden. So, als wäre ich schon die ganze Zeit hier.
Der Atem speist sich aus einer ganz anderen Quelle. Er wird geatmet. Quadratisch, dynamisch ist der Ursprung. Ein Perpetuum Mobile.
Ich lebe aus Maschinen, die in Intervallen rauschen und vibrieren.
Molly ist bei mir.
Sie ruht an meiner Seite. Meine Zunge ist schwer. Sie ist wie ein nasser Lappen. Mein Kinn feucht. Flächen meines Körpers, die in kleine Quadrate eingeteilt sind und nur noch hier und da auf Reize reagieren. Pflaster. Sie spannen. Ich bin sehr weit weg von Körperlichkeit, in einem anderen Raum, außen. Aber das ist mir irgendwie bewusst. Molly ist warm und weich und riecht nach etwas, das mir vertraut ist und vieles in mir beruhigt. Sie lenkt die Aufmerksamkeit immer wieder auf sich. Diese Aufgabe hast du ihr gegeben.
Einnehmend.
So ist dein Licht. Es beginnt immer wieder von vorn.
Es ist voller Ordnung. Es regelt die Dinge. Es ist der Anfang.
Wie kühle Tücher auf die kleinen Raster, die meinen Körper unterteilen. In Zonen, die noch empfindlich sind für Stimulierung und solche, die wund sind und narbig geglättet.
Du nimmst Fläche um Fläche ein. Eine nach der anderen wird kühl. So empfange ich von dir.
Ich bin auf der Lichtung im Wald, der dunkel ist und vor dem ich Angst habe. Die schwarzen Tannen umgeben den Ort, an dem ich irgendwann aufgewacht bin. Einfach so.
Eine Projektion an die Grenzen geworfen von dir. Du schaffst es selbst hier einen Stern zu manifestieren. Manchmal nur stecknadelgroß. Aber fest verankert.
Irgendwann wurde der Ort mein Habitat. Ich konnte nicht heraus. Aufgerichtet ohne Gefühl für Zeit. Ohne dass ich mich irgendwie ernähren muss. Es funktioniert in mir und es gibt mir alles, was mein Körper braucht. Ich muss mich um nichts kümmern. Wärme und Wasser kommen in Abständen.
Tannen umschließen mich wie eine Grenze und du willst nicht, dass ich sie überschreite. Von außen willst du ihnen Einhalt gebieten. Denn dahinter hört es auf. Dort ist keine Materie mehr. Das Ende.
Alarm in der Ferne. Ich kenne es schon. Tannen rücken näher heran. Aufregung in der Zwischenwelt. Es bricht ein ins Habitat. Die Bäume schlagen ihre Wurzeln in die Erde, vertiefen sich und nehmen ihr Gebiet ein. Sie wühlen und reißen den Boden auf.
Rauschen in der Maschine. Ein Ticken. Ein Rasseln. Ein Stich. Schattenwesen. Hinein in meinen Arm. Aus der Maschine und wirbelnd in ihr zerstoben.
So kommt es immer wieder in Intervallen.
Das ist außen.
Ich bin in mir klar. Doch das, was drüben ist, es bleibt flüchtig. Vielleicht 15 Prozent Bewusstsein. Nicht mehr. Bei dir und Molly ist es anders. Der Zugang ist leicht.
Ich habe Angst vor dem Wald. Aber dann streust du Momente des Lichts hinein. Momente, in denen dein Leuchten sich entfaltet. Momente, die heilen und reaktivieren. Du willst, dass ich im Zentrum bleibe. Deshalb blinkst du auf. Immer dann, wenn ich dem Waldrand zu nahekomme. Du verbindest mich. Bedeckst mich mit etwas, das uralt und doch immer wieder neu ist. Aber ich kann nicht immer zu dir. Du schützt mich vor den Geräuschen in der Nacht. Vom Wald nestelt es herbei.
In all dem ist meine Wahrnehmung mannigfach multipliziert. Die Substanz, die mir verabreicht wurde. Um die Spannung zu lösen. Sie wirkt in meinem Versand.
Aber du bleibst du. Ich rieche dich in Molly.
Ja. Ich glaube, ich bin dir sehr ähnlich. Etwas, das größer ist als jede Emotion, die ich kenne. Sie rührt her aus den frühsten Sekunden meiner Existenz. Ich bin mit dir verbunden. Ich gehöre zu dir. Dein Licht findet immer wieder zurück. Es ist in die Konstante. Es verändert sich nicht.
Molly spricht nicht. Aber sie ist da. Ich habe noch nie ein Wort mit ihr gewechselt. Ich weiß gar nicht, ob sie sprechen kann. Du hast sie mir gegeben und sie unterstreicht dein Wesen mit ihrer Ruhe. Sie gibt nach und stützt.
Der fremde Atem macht mir Angst. Die Maschine fließt und pumpt, ein Strom rauscht durch meine Nase. Hinausgesogen aus dem Firmament über meinem Habitat. Hinein in meinen Kreislauf. Streben in meiner Kehle, die durch meinen Schlund zum Magen wandern. Ich lebe aus Maschinen - in Tentakeln mit ihnen verbunden.
Dann ist es vorbei.
Lichtschleier von dir über die Tannen geworfen wie Girlanden. Ich halte daran fest.
Nicht immer bist du so stark. Du kannst sie mir nicht immer schenken. Du wartest. Wenn sich die Gelegenheit bietet- wenn es einbricht - dann schickst du sie mir.
Ein Quadrat nach dem anderen rührt sich und verödet wieder. Es gibt nicht auf. Nerven, die eingegangen sind. Sie fühlen wieder in minimalen Abständen um sich herum. Sie wollen leben. Sie strecken die Enden aus und schälen sich ab von aller Öde. Recken sich aus der Senke, versuchen wieder Anschluss zu finden an das Gefühl. Es will sich an das Alte anpassen. Es will leben.
Der Wald steht da und Tannen wiegen im Wind. Ich stehe in der Mitte unter der Girlande. Sie leuchtet. Eingekesselt vom Wald. Im Habitat.
Bevor die Maschine in der Ferne plötzlich ihren Antrieb verlieren kann und der Wald mit der Zeit näher heranrückt und ich enger eingekreist bin, dann hat dein Licht nur noch Platz in Bereichen, die in meinem Inneren manifestiert sind. Die das Gefühl und die Sinneswahrnehmung ersetzen.
Ich weiß es.
Fortwährend habe ich mit dir kommuniziert. Mit all dem, was ich geschrien hatte unter dem Firmament, im Habitat, in der Nacht. Deine Hand hat mich gehalten. Jeder Schlag und Schwindel und Licht und Girlanden und Maschinen…
An einem Dienstag - irgendwann im Sommer - schlage die Augen auf. Langsam flieht das Chaos von mir, es rieselt aus mir heraus wie feiner Sand. Es war so tiefgreifend und real. Es hat alles von mir eingenommen.
Ich kann mich kaum bewegen. Neben mir etwas Plüschiges. Warm und weich. Ganz nah an meine Wange geschmiegt. Ich kenne sie. Du hast ihr sogar ein Tuch umgebunden, meine Lieblingsfarbe. Sie ist warm und weich. Deine Hand stützt meinen Nacken. Ich bin gehalten von dir. Alles ist so gut. So gut, wie es nur sein kann.
Eine Schwester steht in der Tür und wischt sich eine Träne aus den Augen. Sie haben gewartet. Lange. Menschen mit weißen Kitteln. Schläuche hängen neben mir. Leises Piepen. Irgendwie vertraut. Ich bin überrascht. So viel kann ich schon sehen. Ich spüre meine Zehen, Finger regen sich.
Ich habe mein zu Hause verlassen und bin doch zu hause. Alles ist ruhig. Vom Fenster her glitzert die Sonne hinein, ein weiter blauer Himmel zeichnet sich ab. Weiße Wände, die mich noch blenden. Du bist da. Ich spüre nichts mehr in meiner Kehle. Du hältst meine Hand in deiner. Das sind die ersten Sekunden. Lange war ich weg. Aus dem Fenster ein Lufthauch. Ich bin sicher.
Ich halte sie fest.
Die Hand meines Vaters.
*Gott (Jesus) ist Liebe
Die Bibel