Cliffhanger - Spannend oder nervig?

Ich hänge gerade beim Überarbeiten meines Wikinger-Romans. Mein Held führt einen Zweikampf. Das Schwert seines Gegners kracht auf seinen Helm. Ende der Szene und des Kapitels. Mein Entwurf sieht vor, den Leser jetzt in Unsicherheit zu lassen. Klar, der Held stirbt nicht. Wie aber verkraftet er den Schlag, erholt er sich davon und greift erneut an? Erlebt er einen Rückschlag auf seiner Heldenreise?
Dann folgen zwei Kapitel, ca. 18 Seiten. Die Handlung beider Kapitel erfolgt an unterschiedlichen Orten mit anderen handelnden Personen; die Kapitel befinden sich in Nebensträngen. Chronologisch könnten sie durchaus auf den „Helmschlag“ folgen. Nun endlich die Frage: Wie lange darf ein Cliffhanger dauern, bevor er nervt? Kann man das pauschal sagen? Vorausgesetzt die beiden erwähnten Kapitel sind lesenswert: Sind 18 Seiten zwischen dem Hieb und der Fortsetzung akzeptabel? Danke für eure Meinung und Erfahrung!

Da gibt es ja keine klaren Regeln. Aber: Dan Brown macht das ja durchaus erfolgreich. Ich würde ein Kapitel dazwischen machen. Niemals mehr als zwei.
Und ich würde den Cliffhanger interessanter machen - aber da will ich Dir nicht reinreden. (Bei Brown war das Ende eines Kapitels der Herzstillstand von Robert Langdon nach Tod durch Ertrinken).
Der perfekte Cliffhanger lässt eine für den Leser unlösbare Situation zurück - und löst sie glaubhaft. (vgl. Misery).

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Es kommt drauf an, was du schreibst. Wenn du einen Pageturner willst, ist es sicher genau das Richtige, wenn es in dem Roman um tiefe Gefühle, Ruhe und feinfühlige Einblicke ins Leben geht, würde es alles ruinieren.

Ich finde, es gibt immer zwei Masterfragen, mit denen man alle anderen Fragen beantworten kann: 1) Welche Geschichte erzähle ich & 2) Wessen Geschichte erzähle ich. Draus kann man in der Regel alle anderen Fragen beantworten und davon wird es auch hier abhängen.

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Danke @Jan Da es sich um einen Pageturner handelt, schaue ich mal weiter, wie es sich final anfühlt. Ich versuche einmal, die Situation im Zweikampf zunächst noch aussichtsloser erscheinen zu lassen, danke @michel !

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Für mich hängt das auch mit davon ab, wie spannend die beiden Zwischenkapitel sind und wie eng diese Nebenstränge mit der Haupthandlung verknüpft sind.

Beispiel: Es tobt eine große Schlacht, die Wikinger kämpfen gegen eine Übermacht von Angreifern. Kapitel 1: Der Anführer unterliegt anscheinend im Zweikampf - Wechsel zu Kapitel 2: Die Verstärkung ist noch kilometerweit entfernt und versucht ein Hindernis zu überwinden - Wechsel zu Kapitel 3: die Herzensdame des Helden, die sich versteckt hatte, wird von den Feinden entdeckt

Da wäre alles gleich spannend, eng miteinander verknüpft und führt auf dasselbe Finale hin: passt für mich.

Wenn allerdings nach einem spannenden Cliffhanger ein Wechsel zu ganz anderen Personen käme, die gerade gemächlich eine romantische Liebeserklärung durchspielen, würde das für mich nicht passen. Dann wäre ich schon bei einem einzigen Kapitel genervt über den abrupten Wechsel und hätte große Schwierigkeiten, mich „an der Klippe hängend“ auf die romantische Stimmung einzulassen. Da fängt man dann als Leser an, Kapitel zu überblättern.

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Als ich finde Cliffhanger nicht zwingend nervig, solange es dabei um etwas geht, was ebenfalls die Geschichte voranbringt. Christopher Paolini hat ja in seiner Eragon-Reihe auch immer wieder zwischen Eragon, seinem Cousin und den Varden (grob vereinfacht der Widerstand gegen den verrückten König) hin und her gewechselt, und das auch gerne mal genau dann, wenn es spannend wurde zu sehen, was als nächstes passiert.

Er hat aber nie zu etwas völlig Irrelevantem gewechselt, sondern zu Szenen die für die Story relevant waren und parallel stattfanden. Das hat mir immer sehr gut gefallen, weil es das Gefühl vermittelt hat, eben nicht an dieser einen Person zu kleben und auf Schritt und Tritt hinterherzulaufen. Sondern, dass diese Person trotz all seiner Fähigkeiten und Macht auch nur ein Teil in dieser Welt ist und der Rest der Welt eben auch ein Leben hat und dort Dinge passieren.

Was mich aber ärgern würde, wäre wenn im gesamten Buch niemals der Erzählstrang pausiert wird, um über was anderes zu berichten, außer genau in dem einen Moment. Das hätte für mich irgendwie einen Flair von Werbeunterbrechung und es gibt nichts auf der Welt was mir so auf den Keks geht, wie Werbeunterbrechungen.

Wenn du also öfter die Stränge wechselst und dem Leser damit mehr Wissen gibst, als jede einzelne Person im Buch aktuell hat, es also zu deinem Stil passt, Go for it! Wenn du aber eigentlich die ganze Zeit an dem Helden klebst und jetzt plötzlich gedacht hast, lass da mal pausieren, lass es lieber.

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Meine Meinung: v.a. in Spannungsbüchern finde ich Cliffhanger sehr wertvoll, als Lesender werde ich dadurch regelrecht durch ein Buch gejagt. Sogar in vielen erfolgreichen Comics wird mit „Cliffhangern“ gearbeitet - in dem Sinne, dass jede Seite mit einem Panel enden sollte, das den Leser unmittelbar zum Weiterblättern motiviert.
Der Hinweis auf Dan Brown oben ist wichtig, das ist m.E. ein Autor, der den schriftstellerischen Handwerkskasten perfekt beherrscht und ausspielt, da beißt die Kritik keinen Faden ab :wink:

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Was meinst du denn damit? Sollten Bücher nicht immer spannend sein? Also Sachtexte eher nicht. Ich meine Belletristik.

Also, ich hasse Cliffhanger. Ich finde, man sollte es im Text spannend machen und nicht zum Ende eines Kapitels. Ich bin jemand, der immer das Kapitel zu Ende lesen muss, und wenn dann ein Cliffhanger kommt, verliere ich oft die Lust weiterzulesen. Viele Autoren übernehmen das dann für viele weitere Kapitel im Buch, und das mag ich wirklich nicht. Wenn das Buch gut ist, wird jeder weiterlesen, auch ohne Cliffhanger.

Am Ende eines Buches sehe ich das anders. Da ist ein Cliffhanger sogar sehr schön, denn man freut sich umso mehr auf die Fortsetzung.

Finde ich überhaupt nicht, denn ich mag keine Mehrteiler.

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Ja, gut. Da hast du recht. In einem Einzelband, sollte natürlich kein Cliffhänger am Ende sein.

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Pauschal schwer zu beantworten weil abhängig vom Genre. Bei Krimi oder Thriller halte ich Cliffhanger für sinnvoll und zielführend, wenn sie den weiter oben bereits skizzierten Regeln folgen. Ebenso wichtig erscheint mir, dass zwischendrin immer wieder einmal etwas Zeit zum Luftholen bleibt. Timing ist zumindest in diesen beiden Genres alles!

LG Orlando aka Roland aka @rm.eisrausch

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Schreiben ist ein großes Versprechen - vor allem jenes, alle sich öffnenden Fragen zu beantworten. Das macht den Reiz am Lesen aus. Die Frage ist, wo man den Helden baumeln lässt. „Das Schwer kracht auf den Helm“ finde ich etwas plump und gemein, da ich mitten aus der Action gerissen werde. Finde es feinfühliger und subtiler, kurz vor dem Kampf die Pause zu setzen. Der Leser wird genauso wissen wollen, wie der Kampf sich gestaltet.

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@suse

ich meinte, dass Cliffhanger in Büchern, die primär mit Spannungsbögen arbeiten, also Thriller, Krimis, sehr wichtig sind. Kehlmann, Wells (Benedikt, nicht HG), Genazino und ähnliche Autoren kommen sehr gut ohne aus, oder nicht?

… oje - am Ende eines Buches Cliffhanger - das hasse ich - so, wie am Ende eines guten Kinofilms, der fortgesetzt werden will. Da bin ich altmodisch. Der Autor muss es schaffen, dass ich sein nächstes Buch auch ohne solchen Trick lesen will.

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Ah, ok. Verstanden. Danke für die Aufklärung.

Erlaubt ist alles, ob es Sinn macht, musst du selbst entscheiden. Über Regeln kann die Frage nicht gelöst werden. Alles hängt davon ab, welche Dramaturgie die Situation enthält. Enthält sie wenig, darf der Bogen nicht zu lang gespannt werden, enthält sie viel, darf er länger sein. Aber wie immer im Leben, hat alles seine Grenzen. Nur liegen die nicht fest, sondern schwimmen im Strom des Gefallens. Deshalb liegt hier der Schlüssel zum Erfolg allein in deiner Intuition.

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Danke, ja, über die mögliche Gemeinheit denke ich noch einmal gründlich nach.

Es sollte halt nie wie ein Taschenspielertrick wirken. Aber eine gut gesetzte Unterbrechung motiviert - wie im Film - dranzubleiben.

stimmt. Taschenspielertrickcliffhanger gibt es auch. Ende des ersten Kapitels: „mit schreckstarren Augen sah er den Hammer auf seinen Kopf niedersausen“ …, Anfang des dritten Kapitels: „uff, alles nur geträumt, dachte der Held und schlug die Augen auf“ :partying_face: