Chimamanda Ngozi Adichie - Americanah

Originaltitel : Americanah
Herausgeber : S. FISCHER
Sprache : Deutsch
Umfang : 864 Seiten

Zufällig entdeckte ich vor ein paar Wochen eine Kurzgeschichte von Chimamanda Ngozi Adichie: Meine Mutter, die durchgeknallte Afrikanerin, die mich sofort packte. Besonders beeindruckte mich die feine Beobachtungsgabe und sprachliche Eleganz dieser Autorin. Nach gründlicher Recherche stieß ich auf ihren gefeierten Erstlingsroman, Americanah. Er darf zur Weltliteratur gezählt werden.

Als Rahmenhandlung dient die Liebesbeziehung zweier junger Nigerianer, die, aufgrund politischer Unruhen und permanenter Streiks an den Universitäten, ihr Glück in Übersee versuchen. Wie fast alle Jugendlichen Nigerias hängen sie kitschigen Träumen von Europa und Amerika nach, ohne je dort gewesen zu sein. Obinze landet zunächst in Großbritannien, Ifemelu, seiner Freundin, gelingt es, ein Studentenvisum in den U.S.A. zu erhalten. Bald danach reißt der Kontakt zwischen den beiden ab.
Während Obinze nach erfolglosen Versuchen, Fuß zu fassen, wieder nach Nigeria rückgeschoben wird, gelingt es Ifemelu, sich in den U.S.A. dauerhaft zu verorten. Sie erhält eine Green-Card, später sogar die Staatsbürgerschaft, betreibt erfolgreich einen antirassistisch/gesellschaftskritischen Internet-Blog und verdient damit – neben ihrem Hauptjob - gutes Geld. Ifemelu ist Teil des amerikanischen Mittelstandes geworden. Auch Obinze schafft, nach erniedrigender Rückschiebung in sein Heimatland, den Aufstieg zu einem erfolgreichen Immobilienhändler.
Nach 10 Jahren Trennung kehrt Ifemelu nach Lagos/Nigeria zurück. Obinze ist mittlerweile verheiratet und hat eine kleine Tochter. Das ehemalige Liebespaar hat seit Jahren nicht mehr miteinander kommuniziert.

Ngozi Adichie erzählt in ihrem Werk keine Liebesgeschichte, wie es Tausende gibt. Sie ist nicht nur erklärte Feministin, sondern zeigt in ihrem Roman Gesellschaft und politische Zustände in Nigeria ebenso, wie den allgegenwärtigen, subtilen Rassismus der weißen US-Bevölkerung sowohl gegen schwarze Amerikaner, als auch gegen nicht amerikanische Schwarze und andere People of Color auf. Sie tut dies mit feiner Feder, klagt nicht plump an, beschreibt vielmehr mit ihrer genauen Beobachtungsgabe, via Handlung und hochintelligentem Dialog, alle Facetten rassischer Benachteiligung, die nach wie vor für nicht weiße Menschen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ebenso wie in Europa bestehen.
Anfänglich noch bemüht, sich vollkommen zu assimilieren, in der US-Gesellschaft aufzugehen, wie eine Prise Zucker im süßen Brei, findet sie später zu ihren Wurzeln zurück, bekennt sich zu ihrer Herkunft und wagt es, den American Way of Life kritisch zu beleuchten.
Americanah ist ein durch und durch politisch/gesellschaftspolitischer Roman, den ich, ob seiner Konstruktion und sprachlichen Perfektion, als hochliterarisch bezeichnen würde. Trotz seiner subtil anklagenden Komponente, las ich ihn als Einladung zu mehr Toleranz und daraus resultierendem besseren Verstehen diverser Kulturen und Geschlechter.
Dieser Roman hat mir neue Perspektiven aufgezeigt, verschiedenste Facetten rassischer Problematik erhellt. Er ist nicht nur meisterhaft geschrieben, sondern erweiterte meine Sicht auf die Welt insgesamt. Mehr kann Literatur nicht leisten.

Chimamanda Ngozi Adichies Werke wurden bisher in über 30 Sprachen übersetzt. Ihr Roman* Americanah* erhielt den Heartland Prize for Fiction und den National Book Critics Circle Award. Er wurde 2015 von einer BBC-Jury zu einem der besten Romane der ersten zwanzig Jahre dieses Jahrhunderts gewählt.

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Liegt schon auf Halde. Aber 864 Seiten, das dauert. Das Buch wurde in einer Literatursendung besprochen, deshalb habe ich es mir gekauft.

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In der Taschenbuchausgabe hat es nur knapp 600 Seiten. :wink:

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