Da Drehbücher mein täglich Brot sind, wage ich da mal einen zaghaften Widerspruch.
Dann ist das ja genau das Problem, das ich beschrieben habe. Die Leser des ersten Bandes hatten seinerzeit diesen Vorteil nicht. Das ist durchaus ein Unterschied.
Da Drehbücher mein täglich Brot sind, wage ich da mal einen zaghaften Widerspruch.
Dann ist das ja genau das Problem, das ich beschrieben habe. Die Leser des ersten Bandes hatten seinerzeit diesen Vorteil nicht. Das ist durchaus ein Unterschied.
Deine Gedanken darüber, wie du deine Figuren charakterisieren willst, sind unterschiedlich für beide Medienformen? Ich meine jetzt nicht das Schreiben, sondern das, was du dir vorher so über den Charakter und Hintergrund ausdenkst.
Also, ich habe diese Kritik vorher immer gehört und mir deshalb die Bücher nochmal durchgelesen (hänge jetzt beim deutschen Bd. 6 oder 7, weil der einfach nur langweilig ist) und da sind mir ehrlich überhaupt keine großen Unterschiede in den aufgegriffenen Erzählsträngen aufgefallen. Ich fand das schon ziemlich gut zusammengestampft.
Sorry, aber um was geht es dir in diesem Thread?
Geht es dir jetzt um Charaktererstellung an sich oder darum, deine von dir ausgedachte Charakterisierung möglichst eindeutig dem Konsumenten zu vermitteln, wie es in deinem Ausgangspost steht?
Im letzteren Fall gibt es selbstverständlich Unterschiede in der Vorgehensweise bei “normalen” Romanen und Drehbüchern, wie @Magineer schrieb.
Wie RalfG über mir schon angemerkt hat - natürlich gibt es dort Unterschiede. Zumal du im Drehbuch sehr viel ökonomischer charakterisieren musst und das dann über Dialoge und Aktionen nach außen trägst, während du im Roman gerne mal eine beschreibende Passage einfügen kannst.
Das war doch auch nicht die Frage, dachte ich? Es ging darum, dass die Drehbuchautoren mit dem eindeutigen Wissen zur weiteren Entwicklung der Figur Daenerys in der Lage waren, Andeutungen zu machen, die ein Leser ohne Vorwissen in Band 1 der Romanserie eben nicht so dekodiert hätte.
Es geht mir um Charakterzeichnung mit allem was dazu gehört. D.h. vorher (beim Planen) und hinterher (beim Schreiben). Dass ich da in meiner letzten Antwort nur noch auf das Vorher einging, möchte ich entschuldigen.
Dass das Schreiben selbst von Drehbuch und Roman Unterschiede hat ist klar.
Hallo zusammen,
also wenn ich einen Charakter erstelle, denke ich mir immer eine Hintergrundgeschichte zu ihm aus.
Was hat er in seiner Vergangenheit alles negatives erlebt? (Verheiratet gewesen, geschieden? Wurde der Partner umgebracht? Familie gestorben/getötet, hat er selbst Schicksalsschläge erlitten? ect.
Oder ist er einfach ein lebenslustiger Mensch, der alles locker nimmt, viel Spaß an allem hat usw.
Denn das, was wir im Leben erleben, prägt und macht das aus einem, was und vor allem wer man ist.
So kann ich sehr gut damit arbeiten und vielleicht hilft euch die Herangehensweise auch.
LG Tessley
Hallo Tessley,
veränderst du die Bio deiner Charakter auch im Laufe der Handlung oder hältst du von Anfang bis Ende am zuvor entwickelten Hintergrund fest?
Hallo @Neri ,
ich bin mir nicht sicher, was du mit Bio meinst?
Natürlich muss ich die Hintergrundgeschichte eines Charakters im Kopf haben, denn das bestimmt seine Handlungsweisen.
Diese Geschichte wird im Laufe der Storys aufgedeckt, wodurch die Leser ebenfalls herausfinden, warum sie so sind, wie sie eben sind.
So etwas finde ich sehr wichtig, denn das hilft auch bei der Weiterentwicklung eines Charakters.
Wenn er es schafft, im laufe der Story mit seiner Vergangenheit abzuschließen, kann er weiter wachsen.
Bedenke immer:
Jemand, der viel Mist erlebt hat, agiert anders auf Situationen, als jemand, der behütet wurde.
Eine Charakterentwicklung fängt, wie bei uns auch, bereits in der Kindheit an.
Hier ein paar Beispiele:
Es gibt Menschen, die behütet aufwachsen. Liebevolle Eltern haben usw.
Es gibt Menschen, die z.B. Alkoholiker als Eltern haben. Wo sie regelmäßig Schläge bekommen, nichts zu essen auf dem Tisch steht und sie die Eltern davon abhalten müssen, sich gegenseitig umzubringen.
Es gibt Menschen, die vielleicht keinen Vater, sondern Prostituierte als Eltern haben. Keine Bezugspersonen ect. vielleicht noch Angst haben müssen, nicht selbst zu Opfern zu werden.
Es gibt Scheidungskinder, die unter einem Rosenkrieg leiden müssen.
Und das sind nur ein paar Beispiele aus der Gesellschaft.
Du siehst, es gibt viele Dinge, womit sich alleine Kinder schon rumschlagen müssen. Einige können das nicht verkraften und rutschen ab. Andere wiederum sind stark und kämpfen für ein “normales” Leben.
Dennoch kann es passieren, dass daraus Komplexe entstehen, die es einem schwer machen, diese “Normalität” zu erreichen.
Sei es Bindung-, Verlust-, Vertrauensängste ect.
Meist kommt so etwas erst viel später ans Licht, wenn sie versuchen, Beziehungen aufzubauen.
Du siehst, genau deswegen finde ich eine Hintergrundstory für einen Charakter so wichtig.
Das ist ein sehr komplexes Thema.
LG Tessley
Hallo Tessley, ich denke, was Neri wissen wollte war, ob du starr an deine Charakterentwicklung vom Anfang festhältst (also die erdachten Hintergründe, u.a.) oder ob du die manchmal im Laufe des Schreibens noch einmal umwirfst?!
Danke, Isabel, genau das meinte ich.
@Tessley,
ich meine festgestellt zu haben: je stabiler ich den Plot entwickelt habe, desto stärker kann ich an der zuvor entwickelten Biografie der Charakter festhalten. Hingegen ist eine starkte Eigendynamik der Figuren während des Schreibens oft ein Zeichen für einen schwachen Plot. Bei mir jedenfalls. Beides gehört halt eng zusammen und deshalb verwende ich heute viel mehr Zeit für die Charakterentwicklung, als das früher der Fall war.
Danke, für deine ausführliche Antwort auf meine Frage.
Hallo Neri,
bei mir sind die Geschichten streng an die Charaktere gebunden. Daher halte ich mich immer an der Vergangenheit des Charakters fest.
Die Story entwickelt sich drumherum. Und selbst da kann es passieren, dass der Charakter aufgrund seiner Vergangenheit einen Strich durch die Rechnung macht und du irgendwo bist, wo du eigentlich nicht hin wolltest. Die Kunst ist dann, die Kurve zu kriegen um wieder in die Bahn zu finden. Selbst bei einem guten Plot kann es passieren, dass die Story ein Eigenleben entwickelt.
Ist aber meines Erachtens auch nicht schlimm. Denn genau das finde ich so spannend am Schreiben.
Man kann so viel planen, wie man will, am Ende finden sich Dinge in der Geschichte, mit denen man selbst als Autor nicht gerechnet hat.
LG Tessley
… das macht mir immer Angst
ehrlich? Gerade das finde ich immer am spannendsten.
Ich lasse mich gerne von meinen eigenen Storys überraschen. Ich kann nichts schreiben, was von vorneherein zu 100% durchgearbeitet ist.
Das finde ich wiederum langweilig. Es reizt mich nicht und ich verliere die Lust. Da quäle ich mich dann eher durch.
LG Tessley
Ich gebe dir Recht, Tessley: ohne große Vorplanung zu schreiben, macht schon Laune. Wenn ich aber ehrlich bin, ist bei mir in solchen Fällen nach 80, manchmal schon nach 50 Seiten das Pulver verschossen.
Solch eine ungeplante Vorgehensweise nutze ich aber gerne als “Fingerübung”, um eine spontane Idee oder bestimmte Charaktere auf Tragfähigkeit zu prüfen. Dabei kann es vorkommen, dass Randfiguren plötzlich an Bedeutung gewinnen und Raum für eine eigene Geschichte beanspruchen. Das ist denn eine gute Quelle für neue Ideen.
Also, ich baue mir vor dem Schreiben von den Charakteren oder der Handlung nur ein Skelett. Das Fleisch lässt dann noch viel Platz für Veränderung. Und selbst da tauchen dann plötzlich Handlungen oder Charaktere auf, die ich überhaupt nicht angedacht hatte. Wenn ich bedenke, dass meine Antagonistin völlig ungeplant durch die Tür herein kam (im wahrsten Sinne des Wortes) und ich am Anfang nur ihren Namen kannte und wusste, dass sie die Mutter meines ursprünglich eigentlich geplanten Antagonisten war, die dann das Zepter in die Hand nahm und einfach von sich erzählte und so ihre Charakterisierung nach und nach gewann, dann muss ich noch grinsen.
Ja, das kenne ich.
Bei mir war es der Bruder, der noch nicht mal auf dem Plan stand, und dann eine der wichtigsten Rollen in der ganzen Reihe übernommen hat.
Der einzige Grund, warum ich ihn an der Stelle eingebaut hatte, war, dass ich dachte: Jetzt muss jemand auftauchen und dem Hauptcharakter mal so richtig in den Hintern treten. Schwupps, war er als Bruder da und ich habe es nie bereut.
Mittlerweile ist er auch einer der komplexesten Charaktere, die es gibt, hat seinen eigenen Band bekommen und taucht in jedem weiteren Band wieder auf. (Da seine Rolle ziemlich wichtig ist.)
Ohne ihn geht es mittlerweile gar nicht mehr.
So etwas ist schon richtig cool. Passiert leider viel zu selten.
LG Tessley
Sowas Ähnliches hatte ich auch: Die Testleserfreundin empfand die Protagonistin, die mir absolut sympathisch war, als zaudernde Heulsuse. Beim Überarbeiten ist mir aufgefallen, daß die P. einfach viel zu passiv war, und in bestimmten Szenen zu überwältigt. Also habe ich das Überwältigende für sich stehen lassen, und in anderen Szenen habe ich sie aktiver agieren lassen. Besonders Letzteres war der Schlüssel, jetzt gefällt sie uns beiden (und allen weiteren Testlesern) viel besser. Da ich etliche POV-Charaktere habe, habe ich außerdem den Vorteil, daß ich sie nicht nur aus ihrem Kopf heraus zeichnen kann, sondern aus denen anderer - das hilft mir sehr und gibt mir die Möglichkeit, sie mal als sympathisch zu zeigen und mal als unsympathisch; je nachdem, wer gerade mit ihr konfrontiert ist.
POV-Charakter bedeutet, dass aus Sicht dieser Figur erzählt wird, korrekt?
Wenn Du etliche davon hast, wie haben Deine Testleser das aufgenommen? Verwässert das Charaktere nicht zu sehr? Kann man als Leser dann überhaupt eine Bindung zu Hauptpersonen aufbauchen?
Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt. Protagonisten sollten aktiv die Handlung vorantreiben, statt von ihr vorangetrieben zu werden. Natürlich kann es immer passieren, dass sie durch Zufälle etc. in Richtung des Plots gedrängt werden. Aber die Handlung setzen sie im Idealfall selber in Gang, und ihr auch aktiv folgen, in dem sie Entscheidungen treffen etc. Anstatt dass ihnen immer alles nur “passiert”.
Genau, Point of View.
Bisher hat es niemanden gestört, die Anzahl meiner Testleser ist allerdings sehr klein.
Daß es die Charaktere verwässern würde, habe ich nicht das Gefühl. Im Gegenteil: Ich meine, sie besser skizzieren zu können, dadurch, daß zum Beispiel ein anderer Charakter sie ja durchaus auch negativ sieht, wie sie sich nicht betrachten. Insofern zumindest die Hoffnung, daß sie dadurch vielschichtiger werden.
Meine Idee hinter den diversen POV-Charakteren ist, daß ich das Buch ein bißchen wie einen Film schreibe: Du folgst einem Protagonisten, siehst aber in anderen Szenen durch die Augen der Antagonisten oder begleitest auch mal Nebencharaktere. Dadurch habe ich geschätzt ein gutes halbes dutzend POV-Charaktere (plus zwei weitere in Rückblenden, die teilweise 50 Jahre früher spielen). Allerdings: Schwerpunktmäßig begleite ich natürlich die Protagonistin; die übrigen POV-Charaktere haben deutlich weniger Seitenanteile.
So viele POVs geht bestimmt gegen die reine Lehre, ich persönlich mag es. In Epic Fantasy begegnet es mir immer wieder, daß es viele POV-Charaktere gibt, und ich finde es interessant; es fördert für mich oft die Spannung. Wahrscheinlich habe ich es auch daher einfach gemacht. Auch wenn meine Fantasy nicht episch wird; es dürften nur so 600 Seiten werden.