So ein Projekt finde ich prinzipiell interessant, wobei ich zugeben muss, bisher solche Schreibratgeber ignoriert zu haben. So ein bisschen hie und da muss ich wohl mitbekommen haben, kann mich aber nicht daran erinnern, je ein solches Buch von vorne bis hinten gelesen zu haben. Ich glaube übrigens, dass wertvolle Tipps durchaus auch von jemandem kommen können, der selbst bisher keinen Literaturnobelpreis erhalten hat. Wichtig finde ich nur, dass ein solches Buch auf keinen Fall einem Lebensratgeber ähneln darf. Die sind nämlich immer gleich aufgebaut und nutzlos (Kapitel 1-3: Warum alle anderen alles falsch machen, Kapitel 4-6: Warum der Autor ein Dummkopf war, aber dann den Dreh rausbekommen hat, Kapitel 7-9: ein paar Lebensweisheiten, Kapitel 10: Werbung fürs nächste Buch). Diese Bücher können beim Autor und seinen Lesern zu Wahnsinn führen.
Was mich persönlich nicht interessiert: Hinweise zu Aufbau, Struktur, Spannungskurve, Plot und Dramaturgie. Ich glaube einfach nicht daran, dass solche Hinweise funktionieren und das Schemata hier helfen. Entweder sind sie trivial oder sie sind irreführend und vielleicht sogar irrelevant. Beispielsweise habe ich ernsthaft erwogen, meinen Roman „Vicky, die Sternenkriegerin“ gar nicht erst zu veröffentlichen, weil er meiner Meinung nach einen katastrophal falschen Spannungsbogen hat und es mir beim Schreiben partout nicht gelungen ist, dieses Problem zu entschärfen. Wider Erwarten hat sich Vicky aber als das bisher mit Abstand erfolgreichste meiner selbstveröffentlichten Bücher erwiesen und gefällt den eher jüngeren Lesern durchweg. Keine Ahnung, woran das liegt. Am Spannungsverlauf jedenfalls nicht.
In diesem Bereich gibt es wohl so viele Regeln, die gebrochen werden können, dass man gar nicht mehr von Regeln sprechen kann. Abgesehen davon schreibt sich die Geschichte bei mir von selbst, sobald ich die Handlung skizziert habe. Fragen zum Aufbau stellen sich da normalerweise nicht mehr (außer wie beschrieben bei Vicky). Ich glaube auch nicht an Archetypen von Handlungen, wie z.B. in dem Drehbuchratgeber „Story“ behauptet wird. In vielen Romanen kommt es auf die Handlung ja nicht einmal an.
**Was mich persönlich interessiert: **Ich fände einen Ratgeber toll, der immer alles an konkreten Beispielen belegt und dabei darauf achtet, einem nicht die Lust am Schreiben zu nehmen. Die Form sollte also sein: So ist es gut, so ginge es vielleicht noch besser – oder sogar so! Idealerweise wären alle Beispiele aus Primärquellen, nur leider dürfte das zu einer endlosen Rechtesuche führen.
Interessieren würden mich auch Listen und Aufzählungen von häufigen Fehlern und leicht zu verbessernden stilistischen Mängeln, denn mit diesen habe ich am meisten zu kämpfen. Ein Lektor sieht doch sicher jeden Tag immer wieder dieselben schiefen Metaphern, Stilblüten, Probleme im Umgang mit wörtlicher Rede, und so weiter. Hier mal von einem Profi typische Beispiele und handwerkliche Vorschläge zu bekommen, fände ich toll. Ich selbst habe beispielsweise immer das Problem, mit dem direkten Dialog nicht mehr aufhören zu können, wenn ich mal angefangen habe. Da könnte ich ein paar Tipps für gute Übergänge oder die Wahl von indirekter Wiedergabe vs. direkter Rede gut gebrauchen.
Außerdem interessieren würden mich genrespezifische Hinweise. Zurecht wird ja die literarische Belletristik immer als Vorbild genommen, weil dort die Ansprüche wohl am höchsten sind, aber nicht alles, was in diesem Bereich Sinn macht, lässt sich anwenden, wenn man in erster Linie spannende Unterhaltung liefern möchte. Da wäre es schön, für die gängigen Genres ein paar Hinweise zu bekommen, in diesem Fall dann durchaus auch zu Handlung und Struktur. Außerdem sollten Textbeispiele aus allen Genres stammen.
Das wäre alles. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen. Auf jeden Fall viel Erfolg mit diesem Ratgeberprojekt!
Jetzt braue ich mir erst mal einen Kaffee.