Bitte um Kritik

Liebe Freunde
Seit einer Woche schreibe ich wie besessen an einer literarischen Aufarbeitung der letzten Hochwasserkatastrophe vom September. Bislang sind es schon rund 150 Normseiten mit drei Dutzend Protagonisten und mehreren Handlungssträngen in kurzen knappen Szenen (keine mehr als eine Seite). Zwei (zusammenhängende, aber durch andere Handlungsstränge unterbrochene) möchte ich hier zur stilistischen Kritik stellen. Vielleicht gibst ja auch wen, der sich mit Baggern, Straßenbau und Feuerwehrhierarchien besser auskennt.

Manfred Baumeister
hat von Reini Hochegger die Einsatzleitung in Neudorf übernommen. Er steht im Besprechungsraum der Feuerwache, hinter ihm hängt ein Gebietsplan Neudorfs, vor ihm stehen die Zugskommandanten und einige Kameraden, die noch auf ihren Einsatzbefehl warten. Auch Mahmud und Kevin sind nun eingetroffen.
»Hier, das ist der Rottenberg von der Ostseite«, erklärt Baumeister, »da geht die Erlachsbergerstraße und hier zweigt die Rottenbergstraße ab, macht einen weiten Bogen auf den Hügel und geht da wieder runter. Ab der Mitte fließt direkt unter der Straße der Rottenbach. Und der ist inszwischen so voll, dass er um sechs in der Früh die Kanaldeckel rausgerissen hat. Das ganze Wasser geht in den Hauptkanal nach Neudorf runter und wir haben genau anderthalb Stunden Zeit, bis der den Ort flutet. Am Rottenberg steht jedenfalls schon jeder Keller unter Wasser.«
Er lässt eine kurze Pause, dann fährt er fort: »Die einzige Möglichkeit, das jetzt zu verhindern, ist, dass wir den Rottenbach aufmachen, damit das Wasser raus kann, bevor es den Hauptkanal im Ort sprengt. Das muss genau hier geschehen, wo die Rottenbergstraße auf die Erlachsbergerstrasse trifft. Und genau dafür brauchen wir deinen Bagger, Kevin.«
Kevin schluckt und nickt und versteht erst mal gar nichts.
»Du reißt genau da, auf der rechten Straßenseite zum Feld hin den Gehsteig weg und brichst die Decke zum Kanal durch. Das ist nicht ungefährlich, denn wenn das Wasser herauskommt, wird’s dir den Bagger wegdrücken, daher wirst du von zwei Kameraden gesichert. Der Markus wird zur Straßenseite hin auf zwanzig Meter zwei Lagen Sandsäcke aufbauen, bevor du anfängst. Wenn du fertig bist, kommen noch einmal zwei Lagen drauf, damit die Straße befahrbar bleibt. Und du Kevin, schau, dass du nur den Gehsteig wegreißt und nicht gleich die ganze Straße. Das Wasser aus dem Bach wird dann in den Acker fliessen und Neudorf säuft nicht ab. Hoffentlich nicht. Und auch dann nur, wenn wir schnell sind.« Die Kameraden nicken.
»Den Zug leitet die Claudia. Und du, Kevin tust, was sie dir sagt, verstanden? Alfons, du nimmst mit deinem Trupp die Jugendlichen mit und ihr pumpt die Keller auf der Rottenbergstraße aus. Ihr Jungen, seid für die Ableitungen verantwortlich, in den Kellern habt ihr nichts zu suchen, das machen die Erwachsenen.«
Ronja wirft einen Blick auf Claudia, die zwinkert ihr zu.
»Norbert, du fährst mit deinen Zug nach Neudorf runter. Nimm dir einen von den Jungen mit, der soll sich auf den Hauptplatz stellen. Dort macht ihr den großen Kanaldeckel direkt vorm Rathaus auf. Sobald dort das Wasser rauskommt, fangt ihr an, die unteren Einheiten des Wohnparkes zu evakuieren. Und vorher geht ihr die Häuser in der Pfarrgasse durch und schickt die Leute alle in die oberen Stockwerke!«
»Was ist mit dem vierten Zug?«, will Norbert wissen.
»Der bleibt in Bereitschaft. Außerdem sind die Unterführungen bei der Bahn auch schon geflutet, die müssen ebenfalls gesichert werden.«
»Und Verstärkung aus Krummaich?«
»Spielt es leider nicht, die haben ein paar eigene Probleme im Harlinger Wald und in der Donaublicksiedlung. Ihr seht, wir haben ein bisschen Stress heute, aber wir schaffen das. Gut Wehr und passt auf euch auf, Kameraden!«
Markus Hornig hebt die Hand. »Noch etwas Manfred. Ich brauch einen zweiten Mann, alleine schaff ich die Sandsäcke nicht.«
Manfred Baumeister zuckt mit den Schultern. »Siehst du einen?«
»Ja, den da«, sagt Markus und deutet auf Mahmud.
»Der gehört doch gar nicht zu uns!«
»Der gehört zu mir«, antwortet Markus, »und damit gehört er auch zu uns!«
Mahmud spürt, wie ihm das Blut ins Gesicht steigt. Am liebsten würde er sich jetzt irgendwo verstecken.
»Ja dann«, sagt Baumeister, »nimm ihn und wird glücklich mit ihm.«
Als sie den Besprechungsraum verlassen, treffen sie auf Kevin. Seinen Bagger hat Markus mit der Rampe bereits auf den Pritschenwagen gestellt. Daneben liegt eine Palette Sandsäcke. Kevin quetscht sich neben Mahmud auf den Beifahrersitz.
»Wer hat denn eigentlich die Schnapsidee gehabt, den Bach zuzubetonieren?«, fragt er Markus.
Der grinst. »Na frag einmal dein Gspusi, die Pospischil. Die hat damals den Berg zu Bauland umwidmen und den Bach zubetonieren lassen.«
»Wieso Gspusi?«, fragt Kevin und spielt den Unschuldigen.
»Geh bitte, Burschi«, antwortet Markus, »Es gibt nur einen in Neudorf, der nicht weiss, dass du die Frau vom Bürgermeister vögelst und das ist er selbst.«

(…)

Kevin Horak
sieht Claudia Hochegger mit weit aufgerissenen Augen ins Gesicht. Hat die mich jetzt etwa geschlagen?, denkt er und versucht, sich aufzusetzen. Dann fährt ihm ein dumpfer Schmerz durch den Schädel und die Erinnerung ist wieder da.
Schon als er den kleinen Bagger über die Rampe vom Pritschenwagen holte, stemmte ein Feuerwehrmann mit einem Presslufthammer einen Riss quer in den Gehsteig und während Markus und Mahmud die Sandsackbarriere aufstellten – Kevin staunte noch über die Kraft des kleinen Syrers – legte ihm jemand ein Brustgeschirr an und befestigte links und rechts davon fingerdicke Seile.
»Wenn es den Bagger nach vorne reisst, ziehen wir dich raus«, sagte einer von ihnen und er sagte noch großmäulig: »Das wird nicht notwendig sein«.
Dann stieg er auf seinen Bagger, fuhr bis zur Sandsackbarriere und führte die Löffelschaufel nach vor. Sie drang in die durchnässte Erde wie Butter. Kevin krümmte die Schaufel etwas, dann zog er zurück und spürte, wie sie unter dem Fundament des Gehsteiges einrastete. Ein kurzer Ruck, dann hörte er wie der Gehsteig brach und hob die Platte an. Bereits hier kippte der Takeuchi, der für solche Arbeiten ein zu geringes Eigengewicht hatte, nach vor, aber Kevin ließ die Gehsteigplatte sofort wieder fallen und kippte sie in den Straßengraben. Die Betondecke unter der der Rottenbach wie ein wildes Tier brüllte, lag vor ihm. Kevin ließ die Schaufel zunächst mit dem Rücken zwei, drei Mal auf die Betondecke fallen, dann mit der Kralle. Sie stak sofort fest. Erst ein Rütteln, dann die ganze Kraft auf Schaufeldruck. Die Decke riss und die Schaufel drang ein. Kevin krümmte sie und riss sie hoch. Und dann passierte etwas, von dem er noch nie gehört hatte: Wasser explodierte.
Zumindest glaubt er es jetzt, dass das so war. Aber es war der Wasserdruck, der die Betondecke gegen die Schaufel schleuderte und den Takeuchi endgültig nach vor kippen ließ. Kevin sah noch den Acker auf sich zukommen, dann wurde er von den Seilen zurückgerissen und krachte auf die Straße.
»Das nächste Mal nimmst du den Helm, den man dir anbietet, du blöder Hund!«, schreit ihn Claudia an. Aber in ihrem Gesicht steht kein Zorn, nur Erleichterung.
»Was ist mit meinem Bagger?«, fragt Kevin.
»Der liegt im Straßengraben«, kommt Claudias Antwort, »Aber keine Angst, wir ziehen ihn raus, er war auch gesichert.«
»Und der Bach?«
»Ist offen. Vermutlich hast du grade die Welt gerettet.«
»Dann kannst du ja jetzt mit der Mund-zu-Mund-Beatmung fortfahren!«
»Ich hau dir gleich noch eine runter, du blöder Arsch!«, sagt sie, aber lacht dabei.

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Der Text ist lebendig geschrieben und sehr interessant - aber mir ist unklar, was das für ein Genre ist? Mir kommt das eher vor wie eine „Reportage in Prosa“? Aber die Figuren sind vermutlich fiktiv?
Wird es eine Rahmenhandlung geben? Sprich: versucht irgendwo ein Entführer, dessen Opfer im Kofferraum liegt, zu verhindern, dass die Feuerwehr bei der Bergung seines Wagens hilft - usw.?

Hmm… ich habe ein wenig Probleme mit der Perspekive. Das heißt also, die Gegenwart in der geschreiben wurde. Egal…

In welchem Bundesland spielt das denn? Es gab ja im September in Sachsen und Brandenburg, teils auch in Bayern Hochwasser. Und in jedem Bundesland sind die Feuerwehrgesetze anders und in Bayern kann bspw ein Oberlöschmeister ein Gruppenführer sein, während in Sachsen es keine Oberlöschmeister gibt. Dort ist der Hauptlöschmeister Gruppenführer. In Brandenburg wäre ein Brandmeister Gruppenführer. Alles bezogen auf die Freiwillige Feuerwehr.

Naja, irgendwann werden dann schon ein paar Zombies auftauchen. Oder Orks oder sowas. :laughing:
Als Genre würde ich Fact-Fiction angeben. (Die Protas sind fiktiv, aber die Szenen von echten Nachrichten aus der Presse über die tatsächliche Flutkatastrophe im September flankiert). Rahmenhandlung gibts ja: Ein Dorf gegen die Flut, im Focus drei Familien mit unterschiedlichen Problemen

Niederösterreich. Die Organisationsstrukturen der NÖ Feuerwehr hab ich im Netz recherchiert.

Ah ok. Ich kann dir evtl etwas Hilfestellung geben, da ich 10 Jahre beim Katastrophenschutz tätig war- ehrenamtlich. Und mit Hochwasser, Stürmen usw kenne ich mich relativ gut aus. Ich bin auch sturmerprobt was die ostfriesische Küste und die Inseln angeht.

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Sehr kurzweilig geschrieben. Die Szenen konnte ich mir vor dem geistigen Auge gut vorstellen. Spannung ist vorhanden, Dialoge sind realistisch.

Ich habe nebenbei ein paar Tippfehler entdeckt:

Bei den nachfolgenden Begriffen bin ich unsicher (österreichisch ist ja nicht deutsch :smile:):

Ich würde da „vorne“ schreiben statt „vor“

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Hm, ich sag mal ganz offen, das ist nicht mein Genre, egal welches es am Ende wird. :wink:
Ich finde den Text echt anstrengend zu lesen und kann mit der geschilderten Situation nichts anfangen.
Das macht jedoch nichts; ich bin bei weitem nicht das Maß aller Dinge. :slight_smile:

Vielleicht Tippfehler oder Dialektunkenntnis:

„Gibt es leider nicht“ wäre die Antwort, die ich erwartet hatte.

und werd(e) glücklich mit ihm.

Ich schließe aus dem Zusammenhang, dass das Fahrzeug Takeuchi heißt (Marke? Modell? Feuerwehrjargon?). Und „vor“ müsste für mein Sprachempfinden „vorne“ heißen.

Ist das Präteritum zu „stecken“ (für mich steckte) oder kenne ich das Verb nicht „staken“?

Wirklich nix für ungut. :slight_smile: Ich habe früher so gerne Kottan ermittelt geschaut, nur um den schönen Dialekt zu hören. Und natürlich Falco gehört…

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Hier hast einen Takeuchi, Silberliebe. Der Kevin in der Geschichte ist der Gemeindearbeiter, der damit am Friedhof die Gräber aushebt (wie in der Gemeinde, in der ich lebe). Gibts auch ohne Kabine.
Laut österreichisches Schulwörterbuch von 2012 kann man sowohl steckte als auch stak schreiben. Gleiches gilt für nach vor oder nach vorne. Fällt hingegen das „nach“ weg, gibt es nur das „vor“.
Aber vielleicht sollte ich mich grundsätzlich lieber am deutschen Deutsch orientieren. Alleine das Wiener Würstchen (das in Wien Frankfurter heißt) hält mich davon noch ab.

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Ah, du schreibst teilweise im österreichischen Dialekt. Find ich gut. Ich lasse meine Charaktere in meinem Ostfriesenkrimi auch teilweise „platt“ sprechen.