Das Grundrezept interessiert mich nicht. Mich interessiert, was euch speziell gefallen hat.
Das hier ist eine für meine Zwecke brauchbare Antwort. Wenn es die einzige ist, die es gibt, weil der Stoff eben nicht mehr hergibt, dann bin ich auch zufrieden.
Ich glaube, viel ist wirklich dieses Grundkonstrukt: Der Held, der gerettet werden muss. Und mit einem Arzt hast du eben einen echten (Alltags)helden. Eine Figur, die man nachvollziehen kann, weil doch jeder schonmal beim Arzt war oder irgendwo einen sexuell ansprechenden Arzt gesehen hat (egal ob in Praxis, Krankenhaus oder Karneval), wo man sich erst recht in das Anhimmeln hineinversetzen kann.
Ich habe einen überaus ansprechenden Zahnarzt - leider nur 15 Jahre zu jung
Ja, irgendwie so. Aber ich meinte das durchaus ernst. Das Erfolgsrezept (und damit die Antwort auf Suses Frage) ist: sie bedienen Muster. Immer das selbe. Immer die selbe Zutat. Gilt auch für andere Reihen. Individuelle Varianten sind kreativ selber zu erdenken:
Ärztin Julia ist jetzt mit dem Förster Henry zusammen,
Endlich hat Neurologe Rupert sein Alpaka adoptiert,
Kinderarzt Ben hat final seinen Vater im Internet gefunden…
Aber dennoch immer: individuelle Variationen (simulierter Individualismus) in einem festen Muster.
Niemals:
Kinderarzt stirbt nach Misbrauchsvorwurf,
Anästhesist suizidiert sich nach Überlastung und Depressionen,
Allgemeinmediziner sitzt 5 Stunden an der Kassenabrechnung…
Das war es was die ersten zwei Staffeln von Dr. House so interessant gemacht haben. Und dass er ein wirklicher Charmebolzen war, der mir diesbezüglich in nichts nachstand.
(Zumindest wenn man nach meinen Würzburger Studys der Nuller-Jahre geht, die mich liebevoll „Pfleger House“ nannten.)
Diese Basteihefte erinnern mich immer an diese Bollywoodfilme. Die gehen in etwa so:
Ein indischer Arzt (Brahmane) mit hübscher Tochter, die sich in einen ephebischen Jüngling falscher Kaste verliebt, versetzt den Papa kurz vor Cardiac Arrest (auch optisch), und während er versucht, sich zu erholen, tanzen und singen sich die beiden Verliebten die Welt schön, bis alle gesellschaftlichen Konventionen überwunden und alle glücklich sind.
Also Escapismus und Formelhaftigkeit mit archetypischen Charakteren ins Glück. Sie bieten emotionale Fluchten, bestätigen die Macht der Liebe und vermitteln Hoffnung, dass Konflikte lösbar sind – sei es durch Tanz oder OP-Saal-Dramatik.
Diese Bollywoodstreifen sind wirklich insich unfreiwillig komisch.
Also, „Doktor Schiwago“ ist nun wirklich keine billige Herz-Schmerz-Schnulze, die man am U-Bahn-Kiosk kauft, um sich die Fahrzeit zu verkürzen. Nur weil ein Arzt die Hauptrolle spielt, ist der Roman noch lange kein „Arztroman“ im herkömmlichen Sinne.
Warum lesen Leute Groschenromane?
Ich kenne zwei Akademikerinnen, die sich den ganzen Tag lang mit hochkomplizierten Texten herumschlagen müssen. Beide greifen jeden Abend zum Einschlafen zu „einfacher“ Lektüre, um sich zu entspannen: Kitschige Liebes- oder Arztromane (am liebsten beides in einem) mit vorhersehbarer Handlung, dazu einfache ganz-liebe-ganz-böse-Charaktere sowie kurze Sätze mit kurzem Sinn.
Dass es Leute gibt, die sowas lesen, beweist die Existenz von Groschenromanen im Supermarktregal. Wenn sie keiner läse, gäbe es sie nicht.
Es liegt mir fern Dr. Schiwago auch nur in die Nähe von Heftromanen zu rücken.
Vielleicht hätte ich bei meinem Ursprungsbeitrag ein anfügen sollen.
Aber die einfache Lektüre nach komplexen Gedankengängen, um wieder herunterzukommen, ist mir durchaus bekannt. Ich schaue dann gerne auch weniger anspruchsvolle Filme oder Serien.
Eigentlich war meine Frage ja, was ihr persönlich an Arztromanen (Groschenheftchen) unterhaltsam findet und nicht, warum solche Hefte im Allgemeinen gekauft und gelesen werden.
Aber wie gesagt, meine Szene ist dank eurer Hilfe fertig geworden.