Galaktische Weihnachten (von Koebes)
Das riesige Raumschiff nahm eine stationäre Position über dem großen Kontinent in der nördlichen Hemisphäre ein. Von dieser Landmasse waren die Funksignale gekommen, die sie erfasst hatten. Es waren Versuche der Kontaktaufnahme.
Der Wissenschaftsrat der Allianz hatte eine Vorabprüfung durchgeführt. Die Auswertungen waren durchaus vielversprechend. Es gab Hinweise auf intelligentes Leben. Es gab Versuche, eine künstliche Intelligenz zu entwickeln. Fossile Brennstoffe wurden durch regenerative Energieformen ersetzt. Man hatte sogar erste Schritte unternommen, den eigenen Planeten zu verlassen. Sie benutzten zwar veraltete Rückstoßtriebwerke, aber sie hatten begonnen, nach den Sternen zu greifen. Daher wurde eine Aufklärungsmission gestartet. Für die Entfernung von achthundertvierzig Lichtjahren hatten sie nur fünf Sprünge benötigt. Kurz nach ihrer Ankunft nahmen sie Kontakt auf.
»Krzts … Entsch … fvtsr … uldigung. ktrzdrz … Unser Überset … krqg … zungspro … kqkp … gramm wird …krz … kalibriert. Jetzt könnt ihr uns verstehen. Ihr habt gerufen, weil ihr glaubt, für den Erstkontakt bereit zu sein.
Es dauerte fast eine halbe Erddrehung, bis eine Antwort eintraf.
»Hallo, hier ist die Erde. Seid ihr tatsächlich von einem anderen Planeten?«
»Wir sind Vertreter einer galaktischen Allianz und haben die Aufgabe, potentielle neue Partner zu kontaktieren und zu prüfen.«
»Das ist wunderbar. Und was genau passiert jetzt.«
»Unsere Bord-KI hat auf diesem Planeten 7186 verschiedene Sprachen entdeckt. Während wir diese analysiert haben, um mit euch Kontakt aufnehmen zu können, haben Sonden euren Umgang mit der Umwelt erfasst.«
»Das ist gut, wir tun sehr viel für unsere Umwelt.«
»Na ja. Ihr habt Bäume aus deren natürlicher Umgebung geholt. Ohne ihre Wurzeln, die sie mit Wasser und Nährstoffen versorgen und ihnen Halt geben. Dann habt ihr sie in eure Behausungen gestellt.«
»Oh ja, das nennt man Weihnachtsbäume.«
»Nur wenige Umdrehungen des Planeten später habt ihr die Bäume wieder aus euren Behausungen entfernt und auf die Straßen geworfen. Von dort wurden sie abgeholt und verbrannt.«
»Ja, das ist in vielen Gegenden unserer Welt ein netter Brauch. Das machen wir jedes Jahr so.«
»Ihr tötet 120 Millionen Bäume? Jedes Jahr?«
»Gut, so krass kann man es natürlich auch sehen.«
»Schauen wir mal weiter. Ihr habt Behältnisse mit überwiegend unnützen Füllungen mit über 540.000 Tonnen Papier umwickelt, nur um es kurz danach wieder abzureißen und zu entsorgen. Die Hälfte der Inhalte übrigens gleich mit.«
»Klar, das sind die Weihnachtsgeschenke. Da wird immer etwas mehr verbraucht.«
»Apropos Mehrverbrauch: Euer Energieverbrauch lag während unserer kurzen Beobachtungsspanne bei über 10 Milliarden kWh. Einen großen Teil dieser Energie habt ihr verwendet, um tote Bäume zu beleuchten. Ihr habt ganze Straßenzüge in gleißendes Licht getaucht. Ihr habt Nachbildungen von Tieren illuminiert.«
»Ja, das sieht immer toll aus, oder?«
»Das Schlimmste kommt aber noch. Neben all diesem verschwenderischen umweltfeindlichen Verhalten beschallt ihr eure Welt mit seltsamen Geräuschen, die ihr Musik nennt. Immer wieder das gleiche Nerv tötende Gedudel von zwei männlichen Vertretern eurer Rasse, die sich »Wamm« oder so ähnlich nennen. Da geht es ebenfalls um Verschwendung: Letzte Weihnachten schenkte ich dir mein Herz, aber gleich am nächsten Tag warfst du es fort.«
»Das ist natürlich Geschmacksache. Aber es ist doch Weihnachten!«
»Ja und? Was bedeutet das?«
»Dass wir das jedes Jahr so machen.«
»Okay, hat sich erledigt… Wir kommen in hundert Jahren eurer Zeitrechnung noch mal vorbei.«