Der Auftrag (von Gschichtldrucker)
Der vorsintflutliche Paternoster benötigte eine gefühlte Stunde, bis er den vierten Stock erreicht hatte und ich endlich vor Ghosts Büro stand. Ich klopfte kurz und trat ein. Ghosts Vorzimmerdame fragte, ob ich einen Termin hatte und wenn, wie mein Name sei.
»O’Law«, antwortete ich trocken, nahm den Hut ab und öffnete meinen Trenchcoat. »Nick O’Law.«
Noch ehe sie mich melden konnte, sprang die Tür zu Ghosts Büro auf und HL kam mit ausgebreiteten Armen auf mich zu. »Nick! Schön dich zu sehen! Danke dass du gekommen bist.«
Er schob mich in sein Büro und bot mir einen Scotch an.
»Was willst du, HL?«, fragte ich. Meine Zeit war knapp, das Weihnachtsgeschäft voll im Gange, und eigentlich hatte ich keine Lust schon wieder als Private Eye für die Famiglia tätig zu sein. Andererseits hing auch meine Lizenz von diesen Leuten ab.
»Eine etwas heikle Angelegenheit«, druckste der Consiglieri, »Es geht um deinen Bruder Claus.«
»Santa?«, rief ich aus, »den habe ich nicht mehr gesehen, seit ihr ihn über den großen Teich geschickt habt!«
»Tja, wir auch nicht«, gab Ghost zu und über seinen dicken Brillen erschienen Sorgenfalten. »Aber wir standen dennoch im steten Austausch, vor allem in den Herbstmonaten. Zumindest bis voriges Jahr, aber heuer fehlt von ihm jede Spur.«
Das war ungewöhnlich, musste ich zugeben, denn Santa ließ sich den Spaß in keinem Jahr nehmen. Anders als ich, dem man nur dieses chaotische Europa zu managen zutraute, war Claus von seiner Arbeit überzeugt und machte einen guten Job. Auch wenn sein Bauch enorm an Umfang zulegte, seit er für diesen Limonadenkonzern das Merchandising übernommen hatte und nun in die Hälfte der Schornsteine nicht mehr reinpasste.
»Habt ihr schon in seinem Lager in Grönland nachgesehen?«
Ghost winkte ab. »Klar, war unsere erste Idee. Mike hat Luzi raufgeschickt. Der hat dort gleich den größten Gletscher der Welt abgefackelt, gut, das konnten wir dann der Klimaerwärmung zuschreiben, aber Claus fand er nicht.«
»Und sein Helfer, der Elf? Habt ihr den gefunden?«
Ghost schüttelte den Kopf. »Ebenso spurlos verschwunden.«
»Dann kann nur mehr die Organisation G.R.I.N.C.H. dahinter stecken«, rutschte es mir raus. „Vielleicht haben die ja diesmal nicht nur die Geschenke geklaut, sondern gleich Santa entführt!“
»Ja, das vermuten wir auch«, gab Ghost zu.
Ich schüttelte den Kopf. »Keine Chance, HL, nicht bei mir und unter diesen Zeitdruck jetzt.«
»Ehrlich, Nick, der Vorstand sieht das genauso. Alle, Gabe, Mike, Rafi, selbst Ariel. Aber Mary besteht mit Nachdruck darauf, dass Claus gefunden wird.«
»Mary? Seit wann mischt die in der Firmenpolitik mit?“
„Ach Nick, schon immer! Glaubst du, dem Alten würde hier noch irgendwas interessieren? Und der Junior sitzt ständig vor der X-Box. Wenn sich Mary nicht um alles kümmern würde, hätten wir schon längst die Apokalypse!“
Gut, dachte ich, dann lag die Sache anders. Wenn Mary das wollte, dann sollte es geschehen. Wer hätte ihr einen Gefallen abschlagen können? Ich nicht.
»Okay, «, sagte ich, »Buche mir zwei Flüge nach New York – einen für mich und einen für meinen Partner Rupert.“
Ghost grinste wie ein frisch lackierter Weihnachtsengel. Und ich wusste, dass ich mit der Organisation G.R.I.N.C.H. diesmal endgültig abrechnen musste. Ihr Boss, dieser irre Typ mit der orangenen Perücke, war mir schon lange ein Dorn im Auge.
Das ist der Stoff aus dem gute Bücher sind! Nick O’Law, P.I.
Nick O´Law. Nicht schlecht und dann noch zum 6. Dezember. 
Auch von mir einen schönen Nikolaus an Alle
