HEHE - nette und amüsante Philosophie
Mein Gott kennt das Problem so allerdings nicht, denn er ist nicht vom Glauben seiner Geschöpfe abhängig …
Jede Fantasygeschichte hat ihr eigenes Worldbuilding.
Huselkuv, … man wird süchtig nach Dir.
Hera fand die Ausflüge ihres Ehemannes nicht toll. Sie mochte seinen verklärten Blick nicht. Und die fleischgewordenen Konsequenzen.
Auf ihre Anregung hin hatte Athene Zeus mehrfach auf die Folgen der unkontrollierten Verbreitung göttlichen Spermas hingewiesen, untermauert von anschaulichen Grafiken in aparten Gold- und Silbertönen oder altmodischen Schaubildern auf zusammengerollten Schulwandkarten, die sie natürlich aufrollte. Weder Hera noch Athene wussten, dass Zeus und Sex eine untrennbare Einheit darstellten. Es gab das eine ohne das andere nicht: Zeus ohne Sex war nicht vorgesehen. Das wäre wie ein Obergeschoss ohne Erdgeschoss. Bungalows sind durchaus möglich.
Die Influencerin ahnte nichts von ihrem verheerenden Einfluss. Sie war dabei, das Fundament des Olymps zu vernichten. Zeus war der Göttervater. Selbstzweifel nagten an seiner Existenz und ohne ihn würden die anderen Götter erhebliche Einbußen erleiden (siehe Problem 2).
Sie lud ein nicht unretuschiertes Foto von sich in einem Lavendelfeld hoch, während Zeus voller Sehnsucht eine passende fliederfarbene Empfindung kultivierte; sie machte 192 dynamische Ausfallschritte vor einem italienischen Palazzo, um ein Kleidchen wirkungsvoll zur Geltung zu bringen. Es würde schließlich Bild Nummer 8 ausgewählt werden. Zeus sog mit flachem Atem die ozongereinigte Luft des italienischen Sommers ein. Sie tippte Texte mit werbeträchtiger Begeisterung für ihre Sponsoren. Zeus aber erhob sich, schüttelte den Liebeskummer aus seinem Hirn wie ein nasser Hund das Wasser und überlegte sich eine Strafe. Die Götter sind mit ihren Strafen ja recht einfallsreich, mal verwandeln sie Sterbliche in eine Blume, mal müssen sie Steine fast einen Berg hinauf rollen, mal zieht man ihnen die Haut ab. In einem Anfall von Sanftheit verdammte Zeus die Influencerin zu abgöttischer Mutterliebe mit zahlloser Nachkommenschaft. Nichts ist tödlicher für eine Karriere als die Abfolge von Metaphase, Anaphase und Telophase. Da helfen auch Gleichstellungsgesetze nicht weiter.
Bitte hör nie auf damit.
Die echte unendliche Geschichte.
Als Pythagoras erfuhr, dass er Plagiatsvorwürfen ausgesetzt ist, war er zutiefst erschüttert.
(man muss wissen, dass es nach neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen, nicht der Erfinder des pythagoräischen Lehrsatzes ist, vermutet hat man es bereits länger. Bereits 1000 Jahre vor Pythagoras haben die Babylonier damit gearbeitet. Und der australische Mathematiker Daniel Mansfield hat dazu jetzt ein “Missing Link” entdeckt.)
Pythagoras Erschütterung war so tief, dass er sich keinen anderen Rat mehr wusste und seinen Status als Sonderbotschafter für göttliche Angelegenheiten ausnutzte. Was er nur ungern tat, entspricht es so gar nicht seinen Weltbild irgend einen Vorteil auszunützen.
Mit seinem Diplomatenausweis ausgestattet, pilgerte er zu Gottvater, um göttlichen Beistand in dieser misslichen Angelegenheit zu erbitten.
Zeus, der wie immer hormongeschwängert und gedankenverloren mit seinem Bimmel herumspielte, schaute Pythagoras nur verständnislos an.
Was geht ihm diese Angelegenheit an, gar nichts, er der gerade diese überirdische Schönheit gesehen hat, die er unbedingt mit Zärtlichkeiten überschütten möchte … Er seufzte schwer.
Hera, der schön langsam dämmerte, dass ihr Gatte an Satyriasis leiden könnte, eilte herbei und zog Pythagoras auf die Seite. Er sollte sich in dieser Sache doch besser an Hermes wenden.
Hermes hörte sich Pythagoras Geschichte an. Er schmunzelte mehrmals während der stockenden Berichterstattung.
Hermes trat an Pythagoras heran, drückte ihn an sich und meinte verschmitzt: “Was regst du dich so auf, die Geschichte, auch die göttliche, ist voll von Plagiaten. Wir könnten gar nicht existieren, ohne dass wir bei irgendwem was abkupfern. Es kommt immer darauf an, wie man was verkauft. Und du hast dich 2500 Jahre hervorragend verkauft. Der Satz bleibt jetzt schon an dir kleben, darauf kannst du wetten.”
Hebe, Athene und Terro saßen auf den niedlichen Stühlchen an den Tischchen. Die Kinder waren nicht da. Es war die monatliche Vorplanung der Primärerziehung Stufe I. Für Terro sah es verdammt nach Gruppenarbeit aus. Er hasste Gruppenarbeit. Andererseits gab es diese Kekse von Hebe. Offiziell waren sie vegan und zuckerfrei. Aber sie bekam es trotzdem hin, dass man ein gewisses Suchtverhalten entwickelte. Terro überlegte gerade, ob andere interessante Wirkstoffe enthalten sein könnten, als er die erwartungsvollen Blicke von Hebe und Athene auf sich gerichtet sah.
„Die Kekse sind großartig.“
Das schien nicht die erwartete Antwort gewesen zu sein.
Zögerlich wie ein Sonnenaufgang im Winter und keineswegs rosenfingrig kroch die eigentliche Frage in Terros Bewusstsein.
„Äh. Ja. Ich mache hier gerne weiter. Erfahrungen an die nächste Generation weitergeben und so. Macht einen Riesenspaß.“
Terro sah erhobene Augenbrauen. Er ging in sich.
„Ehrlich. Es gefällt mir hier.“
Die Augenbrauen senkten sich wohlwollend. Terro war klar, dass damit zusätzliche Aufgaben auf ihn zu kamen. Aber das machte nichts. Er fand es toll in der PS I zu arbeiten. Seine Ehe lief auch viel besser, seit er jeden Nachmittag nahezu unverletzt nach Hause kam.
Das Gelage - in der erlauchten Anwesenheit von Zeus
Zwei irrelevante Gottheiten unterhalten sich.
„Du willst also runter und einen Laden eröffnen?“
„Aber nein! Dazu muss man doch nicht runter. Ich mache einen Onlineshop.“
„Und was willst du den Sterblichen verkaufen? – Du willst doch an die Sterblichen verkaufen?“
„Ich habe ein paar Dinge entwickelt, die echte Bedürfnisse befriedigen.“
„Ach ja?“
„Virtuelle Haustiere.“
„Gab es schon mal. Hießen Tamagotchi.“
„Okay, die streiche ich. Aber ich habe auch noch den selbstaufblasbaren Zebrastreifen, die Autobahn to go und eine Grüne Welle.“
„Brauchst du noch Personal?“
Das Gelage
Dionysos liegt „vollfett“ hinter seinem Leergebinde.
Hermes eilt herbei und will seinem Haberer helfen. Zeus sieht es nicht gerne, dass in seiner Anwesenheit solche Exzesse stattfinden.
Hermes: „Hey wach auf, reiss dich zusammen.“
Dionysos lallend: „Was ist los, wo bin ich?“
Hermes: „Du hast dich wieder einmal komplett volllaufen lassen. Ohne Hemmungen.“
Dionysos: „Na und? Wo ist das Problem?“
Hermes: „Zeus, schaut schon indigniert ….“
Dionysos: „Ach der, soll vor seiner eigenen Tür kehren.“
Hermes: „Immerhin ist er unser Boss.“
Dionysos: „Boss hin, Boss her, … ein Satyr hat mir so einiges geflüstert. Hinter vorgehaltener Hand, versteht sich.“
Hermes ist jetzt neugierig: „Was flüstert man?“
Dionysos: „Er hat sich nicht im Griff.“
Hermes: „Er hat sich nicht im Griff, was meinst du?“
Dionysos: „Na die Weibergeschichten!“
Hermes: „Das geht uns nichts an.“
Dionysos lallt wieder stärker: „Stimmt, das kann man sich nur „schönsaufen“. Prost!“
Irgendwer mit Kinder anwesend? Dann wissen Sie ja, dass der nächtliche Weg zum Kühlschrank, um wirklich nur einen Schluck gekühltes Wasser zu trinken, dem Gang über einen perfide angelegten Barfußpfad gleichkommt. Ausgestellte Beine von Kinderhochstühlen, kleine Legoteile (zur Systematik der Klemmbausteine gehörend), und Glitsch, vom dem unklar ist, ob es sich um Reste der Nahrung aus dem oberen Einfüllbereich des Kindes oder dem unteren Auslass handelt – warum macht man eigentlich nicht einfach das Licht an? – Athene hatte all diese Klippen erfolgreich umschifft, da traf ihre Fußsohle auf etwas hartes, längliches. Vielleicht ein abgenagtes Hühnerbein, ein Bleistift oder eines von unzähligen Stöckchen, das beide Kriterien erfüllte: Einzigartigkeit und naturelles Massenprodukt. Athene ließ das Licht aufleuchten. Sie war auf das schlanke Bein einer Puppe getreten. Nachdenklich hob sie diese auf. Hebe hätte niemals ein derart rosafarbenes, künstliches Objekt in ihrer Kindererziehung zugelassen. Sie hatte Terro in Verdacht. Er hatte eine Schwäche für Zeug von unten. Und das Ding kam definitiv von unten.
Die Kinder waren noch nicht abgegeben worden. Athene legte die Puppe auf den Tisch. Hebe schaute verständnislos.
„Eine Barbie.“
Aha, Terro war schuld. Er hatte dieses deplatzierte Spielzeug in ihren Haushalt gebracht. Hebe griff nach der Puppe.
„Etwas kleine Füße. Und die Oberweite ist überdurchschnittlich. Oder, Athene? So würdest du das doch sagen?“
„Dies ist ein übles sexistisches Machwerk, dass den den Körper der Frauen einschließlich derer der Göttinnen in inakzeptabler Weise den fehlgeleiteten Vorstellungen von Weiblichkeit unterwirft.“
Terro sah Athene an. Gut, ihre Füße waren etwas größer. Sehr schöne Füße übrigens. Und die Oberweite der Puppe war etwas übertrieben. War ihm bisher gar nicht aufgefallen. Aber im Großen und Ganzen verstand er Athenes Entrüstung nicht.
„Was jetzt? Die sieht doch aus wie eine Göttin.“
Hebe verglich die Puppe in ihrer Hand mit Athene. Und schwieg.
Evi beobachtete eine Fliege. Abby beobachtete Evi. Die Fliege beschäftigte sich damit gegen eine Fensterscheibe zu fliegen. Sie tat das weder aus Spaß noch aus suizidalen Absichten heraus. Evi erprobte verschiedene Sensoren zur Wahrnehmung, die aus physikalischer Sicht funktionieren sollten. Sie versuchte es mit Ultraschall, dann mit kapazitiven Näherungsschaltern. Nichts half der Fliege. Wieder und wieder prallte sie mit ihrem Schädel gegen die Scheibe. Irgendwann reichte es Abby. Sie stattete die Fliege mit einem Plasmaschneider aus. Sowas lässt sich intuitiv bedienen. Winzige Tropfen geschmolzenen Glases brachen für einen Moment das Licht, dann fiel eine perfekte Ellipse auf das Fensterbrett. Die Fliege hängte den Plasmaschneider an ihren Werkzeuggürtel und flog in die Freiheit.
Natürlich ist das äußerst unwahrscheinlich. Spielen Sie Lotto?
Das Gelage - Xyle und ihre Zuhörer
„Im Grund ist es ganz einfach. Es gibt Klassen, die sind abstrakt. Wir können sagen ‚der Held‘ ist eine Klasse. In der Klasse Held gibt es zum Beispiel Herkules, Perseus und Terro.“
„War ja klar, dass Terro dabei ist.“
Xyle ignorierte den Einwurf.
„Jeder Held hat bestimmte Eigenschaften, also seine Lieblingswaffe, Haarfarbe und so weiter. Diese Eigenschaften nenne ich Attribute.“
„Also ich weiß nicht, wo das hinführen soll.“
„Und so ein Held Herkules steht ja nicht nur rum und sieht gut aus. Er macht was. Das nenne ich Methode, also ob er kämpft oder sein Schwert schärft.“
„Xyle, nichts gegen dich persönlich, aber ich brauche jetzt was zu Trinken.“
Xyles Zuhörerschaft hatte sich stark ausgedünnt. Konkret gesagt war nur noch Hera da.
„Also ich finds spannend.“
Die Inventur. Zeus war nur noch einer von vielen, ausgestattet mit einem mobilen Datenerfassungsgerät - vulgo Handscanner. Unterstützt wurde er von zwei Putti. Gemeinsam arbeiteten sie sich durch die Trinkschalen. In Jahrtausenden hatten sich viele angesammelt, einige mit bunten Bildern oder lustigen Sprüchen. Sie kennen das ja vom Umziehen, wenn in den letzten Ecken des Küchenschranks die kleinen Aufmerksamkeiten von Kollegen wieder ans Licht kommen.
Zeus las die Aufschrift auf einer Trinkschale.
„Es kann nur einen geben. - Was damit gemeint ist?“
Die beiden Putti sahen ausgesprochen geschäftsmäßig auf ihre Klemmbretter. Sie waren Zeus zugeteilt worden. Man kann das als Ehre ansehen. Oder als ziemlich gefährliche Situation. Vor allem, wenn man an unpassender Stelle das Konzept des Monotheismus erwähnt.
Man sollte meinen, die Inventur bei den Göttern sei interessant., es gäbe spannende Objekte und so. Leider muss ich Sie enttäuschen. Die meisten Wertgegenstände, Flammenschwerter, Aphrodites Gürtel, Äpfel der Hesperiden und so fort sind längst mit einer RFID-Technik ausgestattet. Es geht also ungefähr so aufregend zu, wie bei einem Hersteller für - und an dieser Stelle ist mir nichts ausreichend Langweiliges eingefallen. Vorschläge waren: Staubsaugerbeutel, Schrauben, Hygieneartikel, Verlängerungskabel, Adapter, Druckerpatronen. Zeug, das man hin und wieder benötigt. Dann steht man in einem Gang vor einem Regal mit wirklich großer Auswahl, aber das richtige Dings ist einfach nicht dabei. In diesem Moment werden neue Unternehmen gegründet.
Gut, ich hatte geschworen sie nie wieder zu erwähnen. Aber was soll man machen, wenn Inventur ist? Auch Schürzchen müssen gezählt werden. Außerdem gewöhnliche Schwerter, Schilde, Beinschienen (mit attraktiver Prägung einer Wadenmuskulatur versehen, die dem Gegner sicher große Furcht einflößt), Helme in den Kategorien ohne Flügel, mit Flügeln, mit dekorativen Fake-Flügeln. Alles, was ein Held an sich trägt, wurde gezählt. Hierzu gehören übrigens keine Schürzchen.
Und Terro? Er leitete die Inventur-Praktikumsgruppe in der Primärerziehung Stufe I. Die Kinder waren in Teams aufgeteilt, Team Schäufelchen, Team Eimerchen, Team vergessene Brotzeitdosen und Team Schere. Ein Sonderauftrag von Hebe. Sie wußte, dass es Scheren geben musste. Sie hatte sie selbst bestellt und ausgepackt. Dennoch war keine Schere verfügbar.
Da die Lese-Schreib-Kenntnisse der kleinen Götter nicht voll ausgereift waren, wurden jedem Team zwei Putti zu Seite gestellt. Hebe hatte Bauchschmerzen bei der Vorstellung Putti in ihrem Wirkungsbereich zuzulassen. Sie hatte nicht wirklich Bauchschmerzen. Götter haben so etwas nicht. Es ist ein fragwürdiges Privileg, das den Sterblichen vorbehalten ist.
„Wirklich? Muss das sein? Putti? Hier?“
Terro konnte Hebe nur zustimmen. Er hielt das mit den Putti auch nicht für so eine gute Idee.
„Wir können nichts machen. Vorschrift von der Revision.“
Hebe saugte demonstrativ Luft ein. Da Terro unbeeindruckt blieb, ging sie wieder zu normaler Atmung über.
„Tu mir einen Gefallen: Pass höllisch gut auf. Es sind kleine Biester!“
„So schlimm sind sie nun auch wieder nicht. Nur etwas unreif. Verspielt könnte man sagen.“
Hebe verdrehte die Augen. Nur ein kleines bißchen, situationsangemessen und mimikfaltenvermeidend.
Der werte Leser (m/w/d/g) ahnt, wer im Team Schere ist, nicht wahr? Gotta, Terry und Douglas plus die beiden obligatorischen Putti machten sich auf die Suche nach Scheren. Sie fanden sie an plausiblen Orten (Schubladen), an unplausiblen Orten und eingetöpfert im Maul eines Tondinosauriers.
„Wir haben jetzt alle, oder?“
Auf einem niedrigen Tisch, eben jene Höhe, die Kindergärtnerinnen Rückenprobleme beschert, stapelte sich ein Haufen Scheren mit bunten Griffen sowie jene, die nicht für Kinderhände, dafür aber funktionsfähig waren, was man am Fehlen von bunten Griffen erkennt.
Team Schere sah sich an. Gotta und seine Freunde waren sehr zufrieden mit ihrer Arbeit. Sie hatten etwas Sinnvolles getan. Nicht dieses Kinderbeschäftigungszeug. Die Putti waren nicht zufrieden.
„Okay Jungs. Wir haben hier eine Menge Scheren. Aber haben wir wirklich ALLE Scheren?“
„Was steht denn auf dem Klemmbrett?“
„Sucht alle Scheren.“
„Dann sind wir noch nicht fertig.“
Spüren Sie eine immanente Bedrohung in diesem Dialog? Keine Angst, es wird nichts passieren. Team Schere zog los und durchsuchte den Olymp. Die Götter waren zu beschäftigt, um auf die kleine und niederflurige Gruppe zu achten. Team Schere fand die Gartenschere der Hesperiden, die Schurschere von Polyphem, die Schere der drei Moiren, Penelopes Handarbeitsschere und zum Schluss sogar die Schere der Datenanalytiker. Bis diese wieder verfügbar war, gab es ernsthafte Probleme bei der Interpretation von auseinanderdriftenden Kurven.
Also das mit der endlosen Wiederholung des Wortes „Schere“ tut mit wirklich leid. Es findet sich einfach kein anständiges Synonym. Und den Witz mit unanständigen Scheren unterlassen wir mal.
Team Schere stand vor dem angewachsenen Haufen.
„Jetzt haben wir aber alle.“
„Da steht: Sucht ALLE Scheren.“
„Wir müssen runter!“
Die Putti nickten voller Vorfreude.
Sie kamen bis zum Eingangstor. Dort stand Terro an den Pfosten gelehnt.
„Wo wollt ihr denn hin?“
Die Putti nuschelten unverständlich.
„Was auch immer ihr gesagt habt. Niemand geht durch dieses Tor.“ Terro hielt kurz inne. „Jedenfalls nicht noch einmal.“ Er dachte nach. „Keine Tunnel. Keine Flüge mit herbeigerufenen Harpyien. Ihr bleibt hier.“
Terro verwendete einfache Sprache. Versteht jeder. Auch Putti.
Es klingelte am Gartentor. Ein sehr bestimmtes und durchdringendes Klingeln, das weit über die physikalischen Möglichkeiten der Klingelanlage hinausging. Hebe ging an die Gegensprechanlage.
„Ja, bitte?“
„Wir reden hier nicht mit einem Mikrofon. Wir wollen den Verantwortlichen. Sofort!“
Hebe blickte Terro an und Terro verstand. Er wurde als Held gebraucht.
Nach einem kurzen Gespräch und sehr vielen Entschuldigungen setzte sich Terro wieder zu Hebe.
„Und? Was war?“
„Die Moiren wollten ihre Schere zurück.“
Hebe nickte.
„Ist ja gezählt, oder?“
„Natürlich.“
Terro hatte etwas anderes erwartet. Ärger.
Athene war von der Revision zur Aufnahme der Daten eingesetzt worden. Vor ihren Tisch trat ein Team nach dem anderen, zart getönte Tabellen waberten hinter ihr und vervollständigten sich im Laufe des Tages. Athene hatte nichts gegen Zahlen. Sie mochte sie ganz gerne, einige hatte sie selbst erschaffen. Aber die jährliche Inventur bedeutete nichts als Stress. Ein Teil ihres göttlichen Gehirns prokrastinierte um den Urlaubsbegriff herum. Ihre Sandalen verschwanden und unter ihren Füssen manifestierte sich sonnendurchglühter Sand. Athene bohrte die Zehen in warme Körner.
Team 18G scharrte mit den Füssen.
„Hallo. Willkommen zur Inventuraufnahme. Wo sind eure Zählblätter?“
Ein Putto trat an den Schreibtisch, der übrigens sehr geschmackvoll in einem minimalistischen Bauhausstil gehalten war oder doch aus Marmor, die Platte von zwei kannelierten Säulen getragen. Athenes Augen scannten die Zahlenkolonnen und hinter ihr wurde eine Tabelle um eine weitere Zeile ergänzt. Dann blieb ihr Blick auf drei hingekritzelten Buchstaben hängen.
„SDH? Was ist SDH?“
„Ach so, ja, das wollten wir noch sagen. Das ist Stefan der Höhlenmensch. Er war irgendwie plötzlich da und wir wussten nicht, wo wir ihn eintragen sollen.“
Athene nickte.
„Ich verbuche ihn unter Fund/Schwund. Vielen Dank. Das nächste Team, bitte.“
Team 18G machte sich erleichtert davon. Sie hatten wegen Stefan mit erheblichen Schwierigkeiten gerechnet. Stefan schlurfte hinter ihnen her.
Team schlechte Gewohnheiten/weiße Herrensocken stand als nächstes vor Athenes Schreibtisch. Sie schleppten mehrere Stöße Papier an. Natürlich rechnet man damit, dass Götter Schriftrollen benutzen. Das war lange der Fall gewesen. Aber schließlich hatten sich die gängigen Papierformate von Prometheus als praktischer erwiesen und zähneknirschend war man zu der Neuerung übergegangen. Athene rieb ihre sandigen Zehen aneinander. Team nach Team trat vor ihren Schreibtisch, Tabellen versuchten sich eine Auszeit zu beschaffen, indem sie das Programm einfroren. Ein strenger Blick von Athene sorgte für die Wiederherstellung von Ordnung. Und schließlich kam das letzte Team. Team Zeus.
„Hallo Zeus.“
„Hallo Tochter.“
„Was hast du gezählt?“
„Wie jedes Jahr. Meine Liebschaften.“
„Und gibt es was neues?“
„Alles wie gehabt. Evi und Abby sind vom letzten Jahr.“
„Gratulation!“
Und das war es mit der Inventur. Die Revision würde auf Basis dieser belastbaren Zahlen mit dem Abgleichen der Ist- und Soll-Bestände für eine Weile beschäftigt sein. Zeus, dieses Jahr im vollen Bewußtsein seiner ehelichen Treue, schwang sich zu einer Dankesrede auf. Der formelle Abschluss eines langen arbeitsreichen Tages, was für Götter generell die Ausnahme darstellt, wurde von den Anwesenden mit Applaus und Schwert-auf-Schild Geklapper honoriert, wobei die Gedanken der meisten längst beim immerwährenden Gelage waren. Zeus verabschiedete sich übrigens sehr schnell. Mit Hera.
@Huselkuv
Was immer du mit deinem “Versuch” auch versuchen wolltest, aus meiner Sicht klappt es blendend. Freue mich schon, mehr davon zu lesen!
Versuch’s bitte weiter!
Das Gelage - verweilen wir doch kurz
Eine kleine Gruppe von Helden, etwas berauscht von den eigenen Taten.
„Was war eure gefährlichste Bestie?“
„Eine Harpyie. Riesige Krallen sage ich euch.“
„Ich hatte mal mit der Sphinx zu tun. Da denkt man, man hat einfaches Spiel, weil die Dinger nur rumsitzen. Aber die haben es in sich!“
„Mein heftigster Auftrag waren Krieger aus einer Drachenzahnsaat. Kaum totzuschlagen. Mein Schwert war mit mir.“
Der Held küsste liebevoll sein Schwert. Es errötete sichtbar.
„Und du Terro? Wieder mal ein Schoßhündchen massakriert?“
Die Helden lachten. Terro lachte mit. In so einer Situation hat man keine andere Wahl. Irgendwann würde jedem was Peinliches passieren. Man musste nur abwarten. Und Zeit gab es genug. Aber dann hakte sich der Schatten eines Gedankens in seinen Gehirnwindungen fest. Als Held wurde man losgeschickt und konnte nie wissen, wie gefährlich ein Auftrag werden würde. Ein Klassifikationssystem wäre hilfreich. Oder besser noch ein Gefährlichkeitsindex. Er musste mal mit seiner Frau darüber reden. Ĭnsgeheim hegte Terro die Hoffnung, dass sein Job in der Primärerziehung Stufe I sich als gefährlicher erweisen würde als angenommen. Man darf ja träumen.