Hebe ist inzwischen in Lokis Arme gesunken. Die Kommunikation zwischen ihnen findet ausschließlich nonverbal statt. Ein Möbel quietscht. Doch die Handbewegung Hebes lässt es verstummen. BH-Verschlüsse, die sich nicht öffnen lassen. Loki könnte sie in Gelatine verwandeln, wenn Göttinnen dieses Utensil weiblicher Körpermodifikation nötig hätten. Ach ja, Sex. Faszinierendes Anreizsystem der Evolution, um die Fortpflanzung anzufeuern.
„Lass mich vorgehen.“ Athene schob sich vor Terro in die Bar. Sie hatte schlimmeres befürchtet.
Eine aufmerksame Kellnerin erspähte die beiden. In völliger Fehlinterpretation ihres Anliegens bugsierte sie die beiden zu einem Tischchen und wartete auf die Bestellung.
Götter mögen zwar unerkannt unter den Sterblichen wandeln, aber Helden gehen prinzipiell auf Nummer sicher.
„Für die Dame einen Martini, nein einen Whiskey. Und für mich ein Bier.“
Die Kellnerin nickte und spazierte hüftschwingend zum Tresen.
„Ich habe sie gesehen. Drüben, bei dem Dings.“
„Ah, das ist ein Flipper.“ Terro war in den irdischen Dingen recht gut bewandert.
Athene fragte sich, was ein Flipper ist. Vor Terro wollte sie diese Wissenslücke nicht zugeben.
„Wie gehen wir vor?“
„Wir schnappen uns die drei und gehen.“
„Und die Putti?“
„Die bekommen eine Ansage, wenn sie wieder oben sind.“
An dieser Stelle möge sich der geneigte Leser (m/w/d/g*) die Szenerie einer vollen gastronomischen Stätte imaginieren, mit Gläsern beladene Tische, das unverstehbare Zusammentreffen zahlloser Stimmen, aufbrandendes Gelächter, Musik, deren Lautstärke Konversation gerade noch nicht unterbindet. Dazu das aufgedrehte Flügelschlagen der Putti (für die Augen der Sterblichen nicht wahrnehmbar), das den Rauch verbotener Zigaretten und einiger Zigarillos verweht. Und natürlich drei kleine Götter, die mit Hingabe am Flipper spielen. Die nette Kellnerin hatte ihnen ein paar umgedrehte Bierkisten zum Draufstellen gegeben.
Terro pirschte sich an die drei heran. Griff ihnen beim Flippern unter die Arme, gab den Impuls zum exakt richtigen Zeitpunkt auf Knöpfe zu drücken. Er leitete ihre Instinkte, sorgte für Konzentration. Er war schlichtweg ein hervorragender Pädagoge.
„Terro?“
Athene wurde ungeduldig. Da waren einmal die Putti, die sie ignorierten und zum anderen dieses Getränk. Es vermittelte den intensiven Wunsch geschwenkt zu werden. Unbewusst kam Athene dem nach. Eiswürfel klackerten von goldbrauner Flüssigkeit umspült aneinander. Entspannt entfaltete der Whiskey sein Bouquet.
*g für göttlich
Göttlich, Dein Humor, Huselkuv. Du haust eine Szene nach der anderen raus, Deine Fantasie scheint unerschöpflich. Ich frage mich allerdings schon eine ganze Weile, warum Du Deine Begabung auf dieser Stufe stehen lässt. Wenn Du damit glücklich bist, die Forianer regelmäßig mit kleinen Häppchen zu beglücken, kann ich das akzeptieren, finde es aber sehr schade. Als Fan von z.B. *Die Chronik des eisernen Druiden *wünschte ich, Du würdest mehr Ehrgeiz entwickeln und Deinen Szenen eine zusammenhängende Handlung geben. Ich gebe die Hoffnung nicht auf.
Das Gelage
Unprofessionell gemixte Cocktails wurden geschlürft. Die Abwesenheit von Hebe gestattete jedem Gott den Zutritt zur Bar. Merkwürdige Mixturen waren das Ergebnis. Sie würden es niemals nach NY schaffen.
„Wie liefs bei dir?“
„Oh Gott, ich habe die langweiligste Gegend überhaupt bekommen. Eine verdammte Wüste. Es gab eine einzige Stadt. Da war entsprechend viel los. Habe ein paar besoffene Sterbliche verheiratet. Das wird ein Spaß, wenn sie wieder nüchtern sind!“
„Lass das bloß Zeus nicht hören. Er mag es gar nicht, wenn wir in das Leben der Sterblichen eingreifen.“
„Ach was. Der ist mit Hera beschäftigt.“
Ihre Blicke wanderten zu Zeus und Hera. Ein Schürzchen schien um Heras Hüften gebunden zu sein. Aber vielleicht war das nur eine Illusion.
Athene nippte und der Whiskey folgte seiner Bestimmung, umspülte ihre Zunge, benetzte die Mundschleimhaut, rann funkelnd die Kehle hinab.
Nicht übel, dachte Athene. Ich könnte mich eigentlich mal hinsetzen und ein bisschen plaudern.
Ihre Blicke schweiften über die Putti, deren Flügel mit steigendem Alkoholpegel hektischer flatterten. Athene setzte sich an die Bar.
„So alleine?“
Der sterbliche Barkeeper war wirklich ein hübsches Exemplar von einem Sterblichen. Etwas jung vielleicht. Aber welcher Sterbliche hätte es vom Alter her mit den Göttern aufnehmen können.
Das Gelage
„Delphi ist auch nicht mehr das, was es mal war.“
„Warst du da eingeteilt?“
„Nee, eigentlich nicht. Habe auf dem Rückweg einen kleinen Abstecher gemacht. Ich kann dir sagen, es lohnt sich nicht. Da steht kein Stein mehr auf dem anderen.“
„Vielleicht sollte jemand ein ernstes Wort mit dem Architekten reden.“
„Wenn du Lust hast in den Hades zu steigen.“
„Okay, vergessen wirs.“
Zeus sah es als seine Pflicht an, den drei kleinen Göttern klar zu machen, was erlaubt und was verboten war. In einer Bar der Sterblichen eine Party zu veranstalten ließ es erstens an Würde fehlen und zweitens war es sowieso verboten. Leider war Zeus sehr schlecht in Moralpredigten. Ihm gingen nach drei Minuten die Argumente aus. Seiner Ansicht nach sollten Moralpredigten ewig dauern, einprägsam sein und dazu führen, dass die Straftäter sich nie wieder zu Vergehen hinreißen ließen. Schon um der unendlichen Langeweile der Moralpredigt zu entgehen. Nun dafür hatte Zeus den richtigen Mann gefunden. Er hatte sich Cato geholt. Er war zwar ein erbärmlicher Römer, sprach aber akzeptables Griechisch.
Gotta, Douglas und Terry standen betreten im Raum. Zeus machte es sich auf seiner Liege gemütlich. Gleich würde Cato erscheinen und loslegen. In geschliffenem Griechisch. Nicht poliert. Die Sprache sollte schon noch eine gewisse Rauheit haben, damit das Desinteresse der Straftäter nicht lotusgleich abglitt.
Oh Mart … Danke!!!
Die drei kleinen Götter waren mit einer Moralpredigt davon gekommen. Man hielt ihnen ihr junges Alter zugute. Die Putti traf es härter. Sie hatten gegen eherne Gesetze der Götterwelt verstoßen. An dieser Stelle sahen die Putti erst Cato, dann einander fragend an. Sie überlegten krampfhaft, welche Gesetze das waren und was sollte „ehern“ heißen. Letzteres hielt ihre Gedanken gefangen. Cato äußerte sich nicht zu den Gesetzen. Er sagte nicht, wo sie standen. Weil er es nicht wusste. Eherne Gesetze machten sich einfach gut in einer Rede. Und Zeus hatte bei dem Begriff würdevoll genickt.
Die Strafe der Putti lautete hundert Jahre Kitsch. Das mag gemessen an der göttlichen Lebensdauer vernachlässigbar sein, hatte jedoch verheerende Auswirkungen auf das Image der Putti. Waren sie früher liebliches Beiwerk der Kunst gewesen, tauchten sie jetzt als billige Keramik auf, die zugleich als Teelichthalter genutzt werden konnte.
Die Primärerziehung Stufe I lief wieder im Normalmodus. Die Aufregung um die drei kleinen Götter hatte sich gelegt. Hebe folgte dem von Athene ausgearbeiteten Programm zur pädagogischen Sozialisation. Da ein wesentlicher Bestandteil göttlicher Existenzberechtigung in seiner Welt liegt, ist es elementar die Kinder mit der Weltenschaffung vertraut zu machen. Noch sind die mit ihnen zusammen erschienen Welten wie Marzipanrohmasse, es können Kartoffeln daraus werden oder Glücksschweinchen.
„Alle gehen und holen sich ihre Welt. Dann sprechen wir darüber, was ihr daraus machen könnt.“
Die Kinder drängten sich zur Tür. Ihr Verhalten gab Aufschluss über ihren Charakter und den späteren Erfolg. Da waren die Draufgänger, die immer als erste dran sein wollten. Welche, die sich unauffällig in der Mitte hielten, um bloß nichts falsch zu machen. Die Zögerlichen, die Dumpfbacken und Hochintelligenten, die Nervensägen und die Nervensägen, Schönlinge jeden Geschlechts. Heulsusen. Hebe kannte jeden Charakter. Und dann waren da noch Gotta, Terry und Douglas.
„Nicht drängeln!“
Nach dem üblichen Geheule und zwei nasse Unterhosen später saßen alle im Kreis, vor sich die Welten.
„Wer möchte anfangen?“
Hebe ignorierte die in der Luft zappelnden Finger und wählte ein Kind, das finster seine kleine Welt anstarrte, auf der Kontinentalplatten mit hoher Geschwindigkeit aufeinanderprallten.
„Ich will nichts sagen.“
„Wir möchten aber gerne etwas von dir hören.“ Hebe biss sich auf die Lippe, das war exakt die Sorte von Pädagogik, die sie abgrundtief verachtete.
Das finstere Kind antwortete. „Das ist der Todesstern.“
War ja klar, dass so eine Reaktion kommen musste. Sie hatte zu viel Druck aufgebaut.
„Okay. Wir haben einen Todesstern. - Will sonst noch jemand was erzählen?“
Der Todesstern schockierte die Gruppe nicht. Definitiv zu wenig Erfahrung mit cineastischen Meisterwerken. Wir problematisieren an dieser Stelle die Zuordnung zum Kanon der Meisterwerke nicht.
„Wie seht der Todesstern aus?“
„Gibt es Dinos?“
„Und Eis?“ Das war Gotta mit den unglückseligen Erfahrungen seines Ausflugs.
Die Kinder witterten, dass es sich um eine (a) sanktionierte und (b) sehr verführerische Sache handeln musste.
„Was ist Eis?“
Gotta erklärte mit glänzenden Augen das Konzept von Eis.
„Warum gibt es hier kein Eis?“ Der Todessterngott richtete seine Frage an Hebe. Hebe fühlte sich von zu vielen Augenpaaren angeblickt und kapitulierte.
„Räumt die Welten weg. Dann machen wir Eis.“ So hatte sie wenigstens die Chance die Zuckermenge in erträglichen Grenzen zu halten.
Wenig später löffelten alle ihr Eis. Hebe ließ die kalte Substanz auf der Zunge zergehen. Wirklich nicht schlecht. Dann brauste der Zuckerschock durch ihren Körper wie Loki. Aber es war nicht Loki, der hereinschaute. Terro holte sich seine Portion ab. Hebe fühlte sich irgendwie ertappt.
Hebe, Göttin mit den schönen Fesseln, simulierte - wie wir bereits erfahren haben - bisweilen das Dasein der Sterblichen. Heute war der Erschöpft-von-der-Arbeit-nach Hause-kommen-Tag.
„Hallo Loki. Ich bin wieder da.“
„Willkommen meine Göttin.“
Hebe hauchte einen Kuss in die ungefähre Richtung der Stimme. Die Häuser der Götter verfügen über Features, die wir Sterblichen nicht erfassen können. Wundern Sie sich nicht über undurchschaubare Raumaufteilungen und bedarfsweise aufpoppende Zimmer. Der Alptraum jeder Baugenehmigung.
Hebe verschwand unter der Dusche. Sie begrüßte die Wassertropfen und wies darauf hin, dass sie liiert sei und darum möge das Wasser seine lüsternen Gedanken abstellen. Das Wasser seufzte unhörbar unter seinem eigenen Prasseln und beschloss auf bessere Zeiten zu warten, während es an Hebes Körper herabfloss und zu ihren Füßen im Abfluss verschwand. Der Abfluss war auch wieder so eine Erfindung der Menschen. Götter brauchen sowas nicht. Was gleichzeitig das Problem mit Haaren im Abflusssieb eliminierte. Andererseits, die Vorstellung, dass Götter Haare verlieren, ist an sich schon absurd.
Hebe streifte ein neues Gewand über und wandelte zu Loki. Der stand am Herd und beobachtete die Grünkernbratlinge bei ihrer Zubereitung. Zur Demonstration seiner Kochkünste hatte er sich ein Schürzchen umgebunden. Ein Geschenk von Zeus. Hebe löste die Schleife des albernen weißen rüschenbesetzten Dings. Okay, das war jetzt das letzte Mal, dass ich Schürzchen erwähnt habe. Wirklich. Wenn sie im weiteren Verlauf nicht eine unabdingbare Rolle spielen, wie zum Beispiel ein Colt in einem Duell, werde ich sie nicht mehr erwähnen. Ganz sicher.
Ich finde es auch ganz großartig.
Könnte mir auch vorstellen, dass sich einige dieser Szenen gut im Umfeld eines Rollenspiels ähnlich “The Bard’s Tale” machen würden. Dort gibt es ebenfalls einen so herrlich ironischen Erzähler.
Sollten die Szenen es also wirklich in die Buchform schaffen, wäre das erste Franchise damit auch schon gesichert. Wie schade, dass ich kein Spieleentwickler bin. Vielleicht lerne ich doch noch das Programmieren, haha!
Evi und Abby hatten das Mindestalter für den Eintritt in die Primärerziehung Stufe I noch nicht erreicht, darum hingen sie zu Hause mit dem Personal rum. Soviel Interesse Athene an der Theorie hatte, egal um was es ging, so wenig hatte sie an der Praxis. Und Hebe musste arbeiten gehen. Wir kennen das ja, die Kinder erwerbstätiger Götter wachsen beim Personal auf, woran nichts auszusetzen ist.
Heute waren sie unter den Küchentisch gekrabbelt und starrten gebannt auf einen Fleck. Evi übte die Evolution von Mikroorganismen. In mikroskopisch kleinen Einzellern entwickelte sich das Bewusstsein der eigenen Bedeutung. Die fokussierte Aufmerksamkeit regte sie zu waghalsigen Mutationen an. Abby richtete ihre Augen ebenso konzentriert auf den Fleck. Gerade noch schwach genug, um kein Feuerchen auszulösen, jedoch stark genug, um bei Evis Ambitionen mitzuhalten. Es war ein episches Kräftemessen. Mutationsraten kämpften mit winzigen Schwertern bewaffnet gegen die Wahrscheinlichkeit. Die Fronten wogte vor und zurück. Der Sieg schien sich einer Seite zuzuneigen, hingemetzelte RNA klebte an Schwertern, Ereignisse scheiterten kurz vor ihrem wahrscheinlichen Eintreten. Da zog ein unwiderstehlicher Duft von echter Vanille unter den Tisch und pulverisierte jedes Interesse an der Fortsetzung des Kampfes.
Zwei Kleinkinder wurden in Kinderstühlchen verfrachtet und erhielten je ein Schüsselchen Pudding mit und ohne Rosinen. Ganz nach Vorliebe des Lesers.
Der Fleck unter dem Tisch nutzte die Atempause und bildete eine stabile Population. Die Mikroben nahmen den Fleck huckepack und verschwanden mit ihm in einer Ritze des Fußbodens. Es war ein schöner Fleck. Sowas lässt man nicht rumliegen.
Wir erinnern uns, Xyle, zuständig für liegengebliebene Aufgaben, war kürzlich zur Göttin der Informatik ernannt worden. War es eine Fehleinschätzung von Xyles Fähigkeiten? War es eine fatale Allodoxie (das Wort wird hier nur verwendet, um die Doppelnennung der „Fehleinschätzung“ zu vermeiden und natürlich um den umfassenden Wortschatz des Autors zu demonstrieren, der allerdings auch nur auf der Verfügbarkeit technischer Mittel beruht), ihr dieses überaus relevante Gebiet zuzuweisen? War Informatik nicht eine Nummer zu groß für eine Gottheit, die sich bisher nicht besonders schöpferisch hervorgetan hatte? Oder hielt man die Informatik für bedeutungslos, eine Spielerei in der Jahrtausende währenden Geschichte der Sterblichen? Wir wissen es nicht. Es erwies sich, dass gerade in der Informatik liegengebliebene Kleinigkeiten fatale Auswirkungen haben. Wohlgeformtheit kämpfte mit Kleinigkeiten, Gültigkeit mit Liegengebliebenem.
Auf der Erde saß ein verzweifelter Student vor seinem Computer. Draußen wehte ein leichter Sommerwind, Grillen zirpten in der Dämmerung, Studenten sinnfreier Fächer stießen mit sich leerenden Bierdosen an. Aber dieser Student hatte eine Abgabe bis 23:59:59 Uhr hochzuladen und er fand den Fehler im Programm nicht. Sowas kann einen echt fertig machen.
Aus unerfindlichen Gründen wand sich ein zartes Band hinauf zu Xyle. Berührte ihr Herz. Ihre sanfte Hand lenkte den Cursor der Maus und löschte ein einzelnes Zeichen. Das Programm setzte sich formvollendet in Bewegung. Der Student konnte es rechtzeitig hochladen. Er würde den Kurs bestehen und der erste Priester Xyles werden.
Priester einer Gottheit zu sein ist keine leichte Aufgabe. Zumal, wenn die ganze Anbetung neu aufgesetzt werden muß. Da ist zum Beispiel die Frage der Sprache. Kann man eine althergebrachte Sprache verwenden oder sollte etwas Neues her?
Unerkannt saß Xyle auf seiner Schreibtischkante, nachdem sie drei leere Pizzakartons, sieben Dosen diverser Energydrinks und undefinierbare Krümel weggewischt hatte. Sowas fällt gar nicht auf. Die Pizzakartons hatten nicht weiter gestört und ihre Abwesenheit störte nicht. Sie beobachtete ihn. Göttliche Macht durchströmte in nie gekanntem Ausmaß ihren Körper. Sie spürte die Urgewalt des Schöpferischen. Und sie wollte eine eigene neue Sprache. Der Student erschuf PLAIN.
PLAIN könnte für Praise Love Adore your goddess and Ignore Next gods stehen. Oder es bedeutet Programming Langage,** A**rden INspired, wobei es sich um den plumpen Versuch die domänenspezifische Sprache eines befreundeten Informatikers zu promoten handeln würde. Die Wahl bleibt Ihnen überlassen.
Das Gelage - ist immer nett, dort Leute zu treffen
„Hast du das von den Putti gehört?“
„Dass sie Ärger mit Zeus hatten und hundert Jahre Kitsch bekommen haben?“
„Nene, das ist alter Tobak. Ich meine das Ranking bei der Revision.“
„Was ist damit?“
„Das ist durch die Decke gegangen, seit sie ihre Strafe bekommen haben.“
„Du meinst, Kitsch lohnt sich?“
„Wenn ich mir die Finanzen der Putti und die Anzahl ihrer Gläubigen ansehe, dann auf jeden Fall.“
Zeus lag im Bett. Er war deprimiert. Das Leben erschien ihm sinnlos. Auf einem intellektuellen Niveau war ihm bewusst, dass da Arme, Beine und der ganze Rest sein mussten. Er betrachtete es als Hypothese. Zur Prüfung des Sachverhalts Arm, hätte er diesen bewegen und vor die Augen führen müssen. Beides ein Ding der Unmöglichkeit. So lag er bewegungslos da, unzugänglich für Reize aller Art, sein Desinteresse derart ausgeprägt, dass der Wortteil „interesse“ ein Euphemismus in der Beschreibung seines Zustands war.
Äskulap stand vor dem Bett des Göttervaters und befragte Hera. Zeus wollte offensichtlich nicht am Gespräch teilnehmen.
„Was hat er?“
„Er ist unsterblich verliebt. Und das Objekt der Begierde ist nicht interessiert.“
„Höre ich da einen leichten Zynismus?“
„Aber nein. Niemals.“
„Wer würde Zeus zurückweisen? Wer könnte ihm widerstehen?“
„Hach! Wo lebst Du? So eine Influencerin. Bildet sich was auf ihre paar Millionen Follower ein. Schlimmer als Narziss. Hab mir noch keine passende Blume ausgedacht. Ich tendiere zu Stinkwurz. Das würde ihn fern halten.“
Götter haben zwei Sorten von Problemen. (1) Die Sterblichen glauben nicht an sie. Das hat exorbitante Auswirkungen auf die Existenz und zwar nicht die der Sterblichen. Die Sterblichen schaffen es ganz gut ohne Götter ihre Lebensgrundlagen zu zerstören. Götter, an die niemand mehr glaubt, verblassen und verschwinden dann ganz. So die Theorie. Es gibt noch andere Ansätze zur Erklärung des Verschwindens. Vielleicht komme ich später darauf zurück, wenn es neue Forschungsergebnisse gibt. Das hier ist übrigens keine Fiktion: Die Götter existieren. Schon ist der Zweifel an der eigenen Rationalität gesät, in ein paar Tagen werden Sie vor dem ersten Schluck Wein ein paar Tropfen auf den Boden fallen lassen, um den Göttern zu danken. Stören Sie sich nicht an angeheirateten Hygienefanatikern. Zahllose Studenten der klassischen Archäologie pflegen dieses Ritual. Zuerst ist es ein kleiner Scherz, den sie den älteren Semestern nachmachen, später verinnerlichen sie es und dann - zack - ist er da: der Glaube an die Götter.
(2) Die zweite Sorte besteht darin, dass der Gott selbst nicht mehr glaubt. Das kann im Fall von zum Beispiel Zeus fatale Wirkungen auf die gesamte Mannschaft haben.
In beiden Fällen hilft der Glaube untereinander überhaupt nicht. Der Deal „glaubst du an mich, dann glaube ich an dich“ funktioniert nicht. Das System des Göttlichen benötigt externen Zuspruch. Dabei haben sich Sterbliche (Menschen) als geeignet herausgestellt. Bonobos zum Beispiel hatten nur Sex im Kopf, Pandas waren unablässig mit Essen beschäftigt und Eintagsfliegen neigen zu Existenzialismus.
Das Gelage - ohne Zeus
Zwei Kleingötter unterhalten sich.
„Lange nichts von Zeus gehört. Gibt es ihn überhaupt noch?“
Zufälligerweise fiel diese letzte nicht ernst gemeinte Frage in eine unvermutet entstandene Stille. Alle Gespräche waren auf den Punkt gekommen und statt weiter belanglosen Smalltalk zu praktizieren, dehnte sich das Schweigen wie eine one-size-fits-all Strumpfhose vom billigen Jakob, die tatsächlich so haltbar sind wie angepriesen und daher viele weitere Anwendungen zulassen.
„Leute, seht mich nicht so an.“
Nervöse Götter nahmen ihre Gespräche wieder auf, aber die Stimmung war im Eimer. Man trennte sich früher als sonst.
„Das war doch nicht ernst gemeint.“
„Du hast ja keine Ahnung. Kennst du ?“
„Wen?“
„Siehst du!“
Ein verzagter Kleingott sammelte seine Sandalen ein. Er beschloss in der näheren Zukunft etwas Sinnvolles zu tun. Weit entfernt. Vielleicht ein freiwilliges soziales Jahr unten bei den Sterblichen.
… einfach nur göttlich. Freue mich auf mehr.