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Okay, hier die überarbeitete Version. Die ersten 3 Seiten des ersten Kapitels. Bitte seid sanft mit mir (und zu den Adjektiven…) :wink:

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Sanft? Nix da, du bist Schriftstellerin, du möchtest veröffentlichen, also brauchst du ein dickes Fell und musst mit Kritik umgehen können. Ich sags dir gleich, ich kritisiere weder sanft noch gnädig, es kann auch passieren, dass ich etwas in Grund und Boden stampfe, wenn es mir nicht gefällt. Allerdings bekommst du von mir immer eine Begründung, ich meine es niemals persönlich und gebe mir alle Mühe, auch fair zu bleiben. Bereit?

Dann muss dir leider sagen, dass mich der Beginn so noch überhaupt nicht mitreißen konnte. Schon der erste Satz ist zwar nicht optimal weil zu lang, aber immerhin ausbaufähig.
Danach wird erstmal rumgeschwafelt, was sich ziemlich langweilig liest. Feine Härchen aus der Hochsteckfrisur interessieren mich im allerersten Absatz genausowenig wie die nach Zuckerorchideen riechende Luft.

Hey, es ist der Anfang deiner Geschichte, du musst mich schon überzeugen, dass ich auch weiterlesen möchte. Also lass etwas Interessantes passieren, schubs deine Protagonistin in irgendeinen fiesen Konflikt, was auch immer, und vor allem, schreib es in ‘show’ und nicht in ‘tell’.

Dann schmeißt du dich mit vollem Schwung so richtig rein in die Beschreibungen. Ich denke, die formulierst du gerne und an sich sind sie nicht schlecht geschrieben, aber du machst hier einen den beliebtesten Fehler überhaupt: Du bringst sie zu einem Zeitpunkt, an dem sich noch kein Mensch dafür interessiert.
Zuerst braucht es einen spannenden Anlass mit einer interessanten Person darin, damit man überhaupt beginnt, sich mit ihrem Umfeld auseinanderzusetzen. Wenn Ersteres fehlt, kann der Berg mit seinem Innenleben noch so toll sein, er ist mir trotzdem egal.

Als Nächstes beschreibst du deine Protagonistin: Alter, Größe, Gewicht, Haar- und Augenfarbe, Kleidung. Aufgezählt wie bei einem Steckbrief und ähnlich fesselnd, Stimmung oder gar eine erste persönliche Beziehung will dabei nicht wirklich aufkommen.
Spätestens jetzt würde ich mich aus der Story ausklinken, ich hab hier aber noch ein Stück weiter gelesen.

Deine Protagonistin wartet jetzt auf irgendwen, einen jungen Mann aus einem Adelsgeschlecht. Als er mit zwei Freunden erscheint (Zahlen bis zehn werden übrigens ausgeschrieben), wird erstmal wieder jede Menge erklärt, was es mit der dortigen Aristokratenhierarchie auf sich hat, wer von den Typen wie mit wem verwandt ist, wer davon als gute Partie gilt und so weiter. Ist gut gemeint, aber hier ebenfalls noch völlig fehl am Platz, denn bis wir soweit sind, die Kerle in Action zu erleben, habe ich das alles längst wieder vergessen.
Dann beschreibst du, wie die übrigen Anwesenden auf ihn reagieren, wie Charles allmählich auf unsere Heldin zusteuert, bevor man erfährt, dass er 180 cm groß ist, schütteres, blondes Haar hat und sehr dünn ist. Bitte nicht noch so ein Steckbrief!

Das ist jetzt der Moment, an dem ich endgültig draußen bin.
Man bekommt eine geballte Flut von Informationen, mit denen man noch nichts anfangen kann, weil man zuvor weder zu deiner Protagonistin noch zu ihrem Umfeld auch nur die geringste persönliche Beziehung aufbauen konnte. Sie wird so unpersönlich wie eine Anziehpuppe vorgestellt, genauso die weiteren Charaktere. An Handlung passiert praktisch noch gar nichts, auch Spannungselemente fehlen, es wird lediglich erzählt, berichtet und erklärt. Das alles zusammen ist für den Anfang einer Story ziemlich tödlich, wie gesagt, ich würde das Buch nach maximal zwei Seiten wieder weglegen.

Es würde sich lohnen, den Anfang komplett umzubauen, vom Plot her klingt die Sache nämlich durchaus interessant und hat auch das Zeug zu einer spannenden Story. Bevor sich der Leser aber auf all das einlässt, braucht er einen fesselnden Einstieg.
Und vielleicht solltest du deine ‘Beschreibungswut’ ein kleines bisschen zügeln und etwas mehr Aufmerksamkeit auf die eigentliche Handlung verwenden, show und tell sollten einigermaßen ausbalanciert sein.

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Zum Thema Adverbien und Adjektive:

Das beste Beispiel für ein sinnvoll eingesetztes Adverb ist, das ich kenne, ist wohl “killing me softly” …

LG
Pamina

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In Romanen werden noch viel mehr Zahlen ausgeschrieben. In Michael Endes Jim Knopf z.B. auch Zahlen wir dreihunderteinundzwanzig …

LG
Pamina

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Beschreibungswut :face_with_spiral_eyes:Ja, verständlich.

Beim ersten Satz: Ich wollte erreichen, dass man mit einer bestimmten Erwartungshaltung an ihn herangeht und dann mit dem letzten Teil, dem Drogen verkaufen, diese Erwartung zu brechen. Nicht funktioniert. - Neuer Versuch :see_no_evil:

Ich will dieses floating head Szenario vermeiden. Wo etwas passiert, aber da ist nur die Heldin, die in einer undefinierten weißen Leinwand steht und Dinge tut. Da ist die fehlende Objektivität wieder ein Problem. Ich weiß wie dort alles aussieht und wie die Dynamiken sind. Aber wie und wann muss der Leser diese Informationen haben. XD
Dass ich Erklärungen zurückschrauben muss, sehe ich absolut ein.

Zahlen ausschreiben- check

Okay. Dann auf ein Neues.

Das mit dem sanft sein war nur halb ernst gemeint. Ich weiß natürlich, dass mich sanfte Kritik nicht weiterbringt.
:wink:

Danke, dass ihr euch die Zeit nehmt! Ehrlich! Danke!

Das allerdings kann und muss die Grundlage sein.
Ich weiß noch, wie uns allen die Ohren abfielen, nachdem sie erst knallrot vor Scham geworden waren, als wir in den Schreibkursen in der Bundesakademie für Autoren in der Kritik-Runde saßen.
Wohlwollend (aber dadurch nicht weniger scharf) moderiert von Dr. Olaf Kutzmutz waren diese Kurse allerdings ein Segen für die Qualität so ziemlich aller Teilnehmer.

Da muss man durch, wenn man sich konstruktiver Kritik stellen will, und die tut so ziemlich jedem gut.

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Stimmt, es können ohne weiteres auch die höheren ausgeschrieben werden.
Ansonsten gilt: vor Zeichen, Abkürzungen von Maßen, Gewichten, Geldsorten usw. schreibt man Ziffern: 3 km; 7,4 kg; 6 EUR
Steht statt der Abkürzung die entsprechende Vollform, kann man beides schreiben:
11 Kilometer/elf Kilometer; 2 Euro/zwei Euro.

Ah, ich verstehe dein Problem.
Du brauchst deine Heldin ja nicht im absoluten Vakuum agieren zu lassen, ein bisschen Drumherum zur Untermalung darf natürlich sein. Wichtig ist, dass die Handlung bzw. ein erstes Problem im Vordergrund steht, darum muss sich der Anfang drehen.
Ich hab dir hier mal drei Beispiele von Romananfängen, willkürlich aus meinem Regal rausgepickt, zusammengestellt:

Man hat absolut keine Ahnung, wo man sich befindet, oder wer da gegen wen und warum, selbst ein Protagonist ist noch nicht klar definiert. Aber man weiß sofort: Diese Leute sind in einer gefährlichen Situation, es könnte sogar lebensgefährlich werden. Was ist da eigentlich los, welche Gefahr nähert sich und werden sie es schaffen? Das möchte man wissen und liest weiter.

Auf den ersten Blick nichts Besonderes, wenn da nicht das nervige Telefon wäre. Was steckt da dahinter? Darf ich rangehen? Muss ich nicht sogar rangehen? Und lässt sich das dann vor Dad verantworten?
Diese actionlose Variante gibt hier einen ersten Einblick aus der und in die Sichtweise des Protagonisten, ein eher unsicherer Jugendlicher. Die Spannung ist hier wesentlich subtiler, man fragt sich, wer da jetzt so penetrant anruft, was das für den Erzähler bedeutet, wie er sein Dilemma löst und was das dann für Auswirkungen haben wird. Ist nicht jedermanns Sache, aber wenn man sowas mag, möchte man hier bereits wissen, wie es weitergeht.

Auch hier weiß man weder, wer ‘ich’ ist, noch was er eigentlich geplant hat, es scheint allerdings etwas zu sein, was man besser nicht an die große Glocke hängt. Der leicht schnoddrige Umgangston lässt Humor vermuten, außerdem dürfte es hier in wenigen Augenblicken hoch hergehen. Was das sein wird, und was der Protagonist (er ist übrigens ein Engel und Anwalt für die frisch Verstorbenen) da ursprünglich vorhatte, würde man schon ganz gerne erfahren.

Bei allen drei Beispielen erfährt man die näheren Umstände erst später, auch Beschreibungen fließen häppchenweise und erst nach und nach in die Handlung ein.
Eine gute Erklärung kommt genau dann, wenn der Leser sie braucht, also wenn er ohne sie ein Verständnisproblem hätte.
Gute Beschreibungen (meist sind das die ‘tell’ - Szenen) wechseln sich idealerweise mit ‘show’ ab und bieten dem Leser quasi sowas wie eine Verschnaufpause, bevor es wieder zur Sache geht. Für einen homogenen Lesefluss sollte sich (wie schon gesagt) beides ungefähr in der Waage halten.

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Es ist so wie Yoro bereits geschrieben hat: Was soll denn diese Personenbeschreibung???
Ich meine, das fühlt sich an wie ein Steckbrief bei der Polizei: Gesucht wird…
Ich erinnere mich an die Nelson de Mille Bücher. Der Protagonist heiratet mit seiner Kollegin. Die beiden erleben allerhand. Der Autor hat weder sie noch ihn beschrieben und dennoch, lebt der Leser in ihnen und mit ihnen. Das muss das Ziel sein!! Streich alle personenbezogenen Eigenschaften, denn die interessieren niemanden. Erst mal ist Handlung angesagt, eine Handlung die Feuer hat und den Leser in seinen Bann zieht. Deine Leseprobe zieht aber nicht in den Bann, sondern in die Verzweiflung. Denn du schreibst gut, aber leider packst du dein Talent an der falschen Seite an. Komm raus und zeig uns Aktion! Lass die Figuren reden, springen, toben, tanzen und versteck sie nicht hinter Fassaden die niemand hören will. Du kannst Charaktereigenschaften und sogar das Aussehen wunderbar in Dialogen und Handlungen stecken.
“Du hast deine Haare rot gefärbt? Das würd´ich mich nicht trauen.” (als Beispiel)
Und auch nur, wenn es unbedingt notwendig ist und bitte nicht vor Seite 40.
Wegen den Zahlen: Es gibt kein Gesetz, dass besagt die Zahlen auszuschreiben. Egal für welchen Weg du dich entscheidest, er sollte in einem Werk immer derselbe sein. Also ich habe dreizehn Hühner von denen 5 krank sind, macht sich nicht gut.
Du siehst, es gibt noch viel zu tun.
Versteif dich nicht so auf den Anfang. Meistens umschreibt man den Anfang mehrmals. Denn letztendlich ist er der Eintritt ins Buch und regt den Leser zur Entscheidung an weiterzulesen oder nicht.

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Okay und noch ein Mal.

Ich habe versucht alles umzusetzen, was ihr mir geraten habt.
Ich fange mit mehr Aktion an. Ein Dialog, der mit dem Antagonisten zu tun hat. Keine Steckbriefe. Aussehen wird im Dialog angeschnitten. Kontrollierter Adjektiv Gebrauch. Keine Beschreibungswut (hoffe ich) Ich folge der Heldin durch den Berg und hoffe damit, ohne Infodumping Weltenbildung zu betreiben. 500 Meter, habe ich die Zahl nicht ausgeschrieben XD Ich hoffe das war alles…

Also, wenn ihr noch einmal so lieb währt

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Na gut, hab heute etwas Zeit. :slight_smile:

Also, diesmal ist es wirklich viel besser, noch nicht völlig optimal, aber es hat um Welten dazugewonnen.
Ich habs dir mal durchkommentiert, bitte nicht erschrecken, es ist ne ganze Menge, aber ich würde sagen, jetzt läufts ganz klar in die richtige Richtung.

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Danke!
Die Rückmeldung ist großartig!

Ich werde gleich verbessern und eure Ratschläge in den weiteren Kapitel anwenden.

Danke noch einmal, Yoro!

Ich finde den erneuten Text viel präsenter. Und Yoro hat den Rohstein in einen funkelnden Diamanten gemacht:slight_smile: Du bist jetzt auf einem guten Weg und Yoro hat einduckstark gezeigt, wo du dich verbessern kannst. Umgemünzt auf das Gesamtwerk, kannst du damit eine gute Geschichte gestalten. Das Forum hat dich ein großes Stück wachsen lassen!!

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Oh, ja!
Euer Feedback hat mich wirklich weiter gebracht. Bei mir, in den Bergen Österreichs würde man sagen: Die Wadln fiari gricht :thumbsup:

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