Auf zu neuen Ufern

Hallo Gemeinde,

nach meinem letzten Beitrag in diesem Teil des Forums, habe ich beschlossen mal etwas Anderes zu probieren.
Ich habe das erste Kapitel eines Buches von mir mal neu geschrieben und mich an einer anderen Perspektive versucht. Stilanalyse, Dudenkorrektor und Lesbarkeitsanalyse haben mich jetzt nicht so dermaßen verprügelt und daher dachte ich mir, ich stelle mal die Szene 1.1 hier ein.

Aus: Dina - Flucht in die Wahrheit
Kapitel 1 Szene 1
Langsam wurde es leiser auf den Fluren und die Aufseher zogen sich zurück in ihren Aufenthaltsraum. Dina legte ihr Ohr an die Tür. Es herrschte absolute Stille. Nicht ein einziger Laut war zu hören. Mit zitternden Händen drückte sie behutsam die Klinke hinunter und öffnete die Türe. Vorsichtig und nicht zu schnell lugte sie hervor, schaute nach links und rechts, nahm sich ihren Rucksack und betrat leise den Gang. Auf Zehenspitzen tippelte Dina zum Ende des Flures, hinein ins Treppenhaus. Sie hielt inne und lauschte ein weiteres Mal. Kein Laut drang an ihr Ohr. Jetzt oder nie. Nur wenige Meter trennten sie von einem Fenster ohne Gitter. Würde sie das erreichen, wäre sie endlich frei. Dann würde sie niemand mehr verletzen können. Die Strafarbeiten, täglichen Schläge, das Leben wie in Gefangenschaft. All das hätte ein Ende. Sie war zwar schon siebzehn, und es würde nicht mehr lange dauern, bis man sie entlassen müsste, aber was würde folgen? Sie war ein Waisenkind. Wie ein Stück Vieh herumgereicht von Kinderheim zu Pflegeeltern und wieder zurück, sobald sie ungemütlich wurde. Nein, sie hatte keine andere Wahl. Sie war verdammt ihr Leben alleine zu führen.
Dina atmete tief ein und nahm ihren ganzen Mut zusammen. Zu allen Seiten blickend schlich sie den Gang entlang und griff nach dem Knauf am Fenster, drehte ihn langsam und entriegelte das Schloss. Die Scharniere knarzten ein wenig und Dina erstarrte. Hatte sie jemand gehört? Wieder horchte sie, doch es blieb still. Erleichtert öffnete sie ihr Tor zur Freiheit weiter. Die kalte Nachtluft wehte hinein und eine kleine Gänsehaut überzog ihre Arme. Behutsam setzte sie sich auf die Fensterbank. Sie spähte hinab in den Garten. Er war dunkel und nur das Rauschen der Blätter drang an ihr Ohr. Erst das eine, dann das andere Bein schwang Dina nach draußen und sprang. Der weiche Boden federte die Landung ab und sie kam sicher auf den Füßen zum Stehen. Den Rucksack fest umklammert rannte sie in die Nacht, immer in der Hoffnung, dass niemand ihr Fehlen bemerken würde. Der Backsteinbau des Internates verschwand zusehends im Dunkel, je mehr sie sich entfernte. Ihre Beine schmerzten, doch Dina bahnte sich unermüdlich ihren Weg.
Der Pfad führte sie immer weiter weg vom Ort ihrer Qualen. Bald schon lichtete sich der Wald und gab den Blick über die weitläufigen Felder frei.
Stunden vergingen und Dinas Beine wurden, mit jedem Kilometer, den sie lief, schwächer. Doch sie kämpfte sich durch die Nacht. Es dämmerte schon, als sie am Horizont Lichter erblickte.
Beflügelt durch den Gedanken womöglich ein Versteck für die ein paar Stunden gefunden zu haben, beschleunigte sie ihre Schritte und eilte weiter vorwärts.

Hallo FlipHenderson,

ich bin neu hier und habe nicht gelesen, was du sonst so geschrieben hast. Gerne kommentiere ich … (auch wenn ich nicht weiß, welche Frage Du dazu hast.)

Ich kann den Text gut folgen. Eine junge Frau bricht aus dem Waisenhaus aus und schlägt sich durch die Nacht.
Da ich selbst (leider) gerne solche Wörter verwende wie: zwar, ein wenig, etwas, … sind mir diese aufgefallen und würde diese rausnehmen. Hier ein paar Stellen, die mir ins Auge gefallen sind:

Zuerst drehen und dann entriegeln? Nicht umgekehrt?

Hier würde ich das Wieder rausnehmen und das Horchen zum Aufhorchen machen.

Vielleicht Geschmackssache, aber ich würde ein wenig Nachdruck einfügen und die Sätze drehen.

Sie horchte auf, doch es blieb still. Leise öffnete sie das Fenster, ihr Tor zur Freiheit. Draußen war es dunkel und nur das Rauschen der Blätter drang an ihr Ohr. Die kalte Nachtluft wehte hinein. Dina spähte hinab in den Garten und eine Gänsehaut überzog ihre Arme. Jetzt oder nie. Sie setzte sich auf auf die Fensterbank. Dann sprang sie. Der weiche Boden federte die Landung ab und sie kam sicher auf den Füßen zum Stehen.

Auch die weiteren Sätze würde ich umstellen. (Ich stelle mir die Frage wohin, will sie laufen? Nur weg - oder hat sie ein Ziel - eine Idee? Ich kann dabei nur bedingt mitfühlen …)
… Ihre Beine schmerzten, doch Dina bahnte sich ihren Weg weg von dem Ort ihrer Qualen.

Danach wird es für unklar. Sie ist im Wald? Wohin läuft sie? Auf das freie Feld? Ich würde auch nicht Stunden “vergehen” lassen sondern …
Dina wusste nicht mehr wie sie lange gelaufen war, aber es mussten Stunden gewesen sein. Ihre Beine schmerzten, aber sie lief weiter. … Jetzt dämmert es (Morgendämmerung?)

Bald schon lichtete sich der Wald und gab den Blick über die weitläufigen Felder frei. (? Sie ist im Wald ?)

Dort könnte sie ein Versteck finden. Ihre Schritte wurden schneller und die Aussicht, ein wenig zu ruhen, ließen sie ihre schmerzende Füße nicht mehr spüren.

Liebe Grüße
Eulenfeder

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Sei froh :smiley: Die Kritiken zu meinem ersten Beitrag waren „beeindruckend ehrlich“ :rofl:

Im Prinzip hast Du die implizite Fragestellung durchaus verstanden. Einfach mal einen Eindruck bekommen.
Wie gesagt, es ist mein erster Versuch die Ich-Perspektive zu verlassen. Papyrus hilf mir tatsächlich dabei Viele Sätze dann doch mal zu kürzen, Wort-Doppel zu vermeiden oder auch mal Worte zu überdenken.
Wobei ich schon der Meinung bin, dass Papyrus manchmal etwas empfindlich reagiert auf Worte wie „bloß“, „nur“ oder auch „wieder“. :roll_eyes:

Hier fand ich den ersten Absatz richtig spannend! :thumbsup:
Ich frage mich allerdings, warum sie, wenn sie 17 ist und nur noch ein Jahr bis zur Volljährigkeit warten muss, ausgerechnet jetzt türmt? Warum nicht früher, warum kann sie nicht noch durchhalten? Vielleicht klärt sich das und auch die offenbar kopflose Flucht noch auf.
Ich würde weiterlesen. :slight_smile:

„tippelte“ in Kombination mit dem Namen „Dina“ hat mich an einen Hund denken lassen. „Schlich auf Zehenspitzen“ wäre mein Vorschlag.

Papyrus macht Dir, wie wir auch, Vorschläge. Anders als unsere stammen diese von einer Maschine. Deshalb ist sie besonders pingelig. :wink:

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Ich hatte gehofft, das mit der kurzen Passage ein wenig anzudeuten :confused:
Ich kann diesen Teil ja noch ein wenig ausschmücken. Es wird zwar ein paar Szenen noch etwas deutlicher, aber erst in ein paar Szenen. :slight_smile:

In den USA ist man, je nach Bundesstaat, zwar mit 18 mündig. In anderen mit 19 oder erst mit 21. Man ist dann zwar mündig, kann aber unter Obhut gestellt werden, bis man 21 ist. Die protagonistin hätte dann die Möglichkeit ein eigenes Leben zu führen. Ob dies aber so einfach möglich wäre, bliebt hier offen.
Ich merke gerade, dass es nicht einfach wird, diese Information über das System der USA in den Text zu bekommen.

Das Andeuten ist Dir gelungen. Damit erzeugst Du Spannung, weil Du diese Fragen aufgeworfen hast. Ich will ja *gerade deshalb *weiterlesen, um eine Antwort auf diese Fragen zu bekommen.

Ich wusste nicht, dass die Geschichte in den USA spielt. Es bietet sich an, mit der Information über das Alter auch gleich zu erwähnen, dass sie in [amerikanischen Bundesstaat einfügen] erst mit 21 volljährig sein wird. Dann hätte man schon eine Orientierung, wo sie sich befindet.

26 Buchstaben und so viele Möglichkeiten. :slight_smile:

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Beim Lesen habe angenommen, dass ich mich in heimatlichen Gefilden bewege.
Ein englischer/amerikanischer Name des Waisensheims hätte mich schon auf die Spur gebracht, dass sich die Geschichte woanders abspielt. Bei der Flucht bieten sich viele Gelegenheit einen Bezug zur USA aufzubauen. Raus aus der Stadt xxx. Landesgrenze nach xxx überschreiten. Der Wunsch nach xxxx zu gelangen usw.
LG Eulenfeder

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Ich habe nochmal Hand angelegt. Ein paar überflüssige Dinge gestrichen, ei bischen Emotion ergänzt. Wiederholungen gekillt und versucht mehr Leben zu schaffen. Meinungen?
Dina legte ihr Ohr an die Tür. Die Schritte auf dem Gang waren längst verklungen. Mit zitternden Händen drückte sie die Klinke hinunter und öffnete die Türe. Vorsichtig lugte sie hervor, schaute nach links und rechts, nahm sich ihren Rucksack und betrat den Gang. Ihr Herz schlug wie wild in ihrer Brust. Sollte sie es wirklich wagen? Dina schlich zum Ende des Flures. Sie hielt inne und lauschte ein weiteres Mal. Nur das gelegentliche Räuspern einiger anderer Bewohner drang an ihr Ohr. Die Tür zum Treppenhaus stand offen. Glück gehabt. Ein paar dumpfe Stimmen aus dem Stockwerk über ihr hallten durch den Flur. Jetzt oder nie. Nur wenige Meter trennten sie von einem Fenster ohne Gitter. Würde sie das erreichen, wäre sie endlich frei. Sie, ein Waisenkind, das ihre Eltern nie kennengelernt hatte, die immer herumgereicht wurde. Von Kinderheim zu Pflegeeltern und zurück. Mit jeder Flucht auf’s Neue. Heimat besaß sie schon lange keine mehr. Unzählige Male hatte sie versucht zu entkommen. Aber genauso oft wurde sie wieder eingefangen. Sie nannten sie eine Ausreißerin. Doch diesen Titel mochte sie gar nicht. Nein, sie hasste ihn. Sie war ein Freigeist und das hier ein letzter, verzweifelter Versuch frei zu sein.
Dina atmete tief ein, hielt die Luft an und nahm ihren ganzen Mut zusammen. Mit zitternden Händen griff sie nach dem Knauf am Fenster, drehte ihn langsam ein paar Zentimeter und entriegelte so das Schloss. Die Scharniere knarzten und Dina erstarrte. Ihr Atem raste und ihr Herz schien aus ihrer Brust zu springen. Hatte sie jemand gehört? Sie horchte erneut. Nichts. Erleichtert öffnete sie ihr Tor zur Freiheit weiter. Die kalte Nachtluft wehte hinein und eine kleine Gänsehaut überzog ihre Arme. Selbst in Kalifornien gab es kühle Nächte.
Sie setzte sich auf die Fensterbank und spähte hinab in den Garten. Er war dunkel und nur das Rauschen der Blätter im Wald drang an ihr Ohr. Erst das eine, dann das andere Bein schwang Dina nach draußen und sprang. Der weiche Boden federte die Landung ab und sie kam sicher auf den Füßen zum Stehen. Den Rucksack fest umklammert rannte sie in die Nacht. Sie hatte keine Ahnung, wohin sie lief, aber das war ihr gleichgültig. Sie stürmte blind drauflos, weg vom Ort ihrer Qualen. Sie hoffte, dass man ihr Fehlen erst am Morgen bemerken würde. Der Backsteinbau verschwand zusehends im Dunkel, je mehr sie sich entfernte. Ihre Beine schmerzten, doch Dina bahnte sich unermüdlich ihren Weg durch das Unterholz.
Bald schon lichtete sich der Wald und gab den Blick über die weitläufigen Felder frei.
Stunden vergingen und Dinas Beine wurden, mit jedem Kilometer, den sie lief, schwächer. Doch sie kämpfte sich durch die Nacht. Es dämmerte schon, als sie am Horizont Lichter erblickte.
Dort könnte sie ein Versteck finden. Ihre Schritte wurden schneller. Die Aussicht, ein wenig zu ruhen, ließ sie ihre schmerzenden Füße fast vergessen.

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Gefällt mir viel besser.

An dieser Passage stolpere ich noch etwas: sie rennt in die Nacht, ok. Ohne zu wissen wohin, auch ok. Aber “blind” passt nicht so recht zur Nacht, wenn es dunkel ist (ich denke, ich weiß was du meinst: sie rannte einfach, ohne geplantes Ziel, drauflos?).

Ich würde eher schwere Beine verwenden, aber das ist nur meine Meinung (mein Bild).

Das hört sich für mich so an, als wüsste sie, dass sie dort auf jeden Fall ein Versteck finden würde. Das passt nicht so recht zur anscheinend planlosen Flucht, die Du vorher beschreibst.

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In der Tat beschreibst Du die drei Stellen, die auch schon mindestens zehn Mal gelesen habe.

Jepp ist in der aktuellen (vor zehn Minuten) Änderung auch so umgesetzt

In den Staaten bilden diese Truckstops sehr gute Gelegenheiten sich zu verkriechen. HInterhöfe von Hotels und Restaurants, Ladeflächen von Trucks oder Pickups. Man findet dort sehr häufig Landstreicher, Tramper. etc. Sie erkennt die Lichter als diesen und weiß, dass sie dort die besten Chancen hat. Das war mein Hintergedanke.

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Die neue Version finde ich schon wesentlich besser gelungen …
LG Eulenfed

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Ok, dann evtl. ein Minihinweis darauf, für diejenigen, die das nicht wissen? Du sagst ja, dass sie eine Truckstop-Beleuchtung schon von weitem als solche identifiziert hat …?

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